Internationaler Gerichtshof Keine Feuerpause, aber mehr Schutz für Palästinenser
Das höchste UN-Gericht in Den Haag ordnet zwar kein Ende des israelischen Militäreinsatzes im Gazastreifen an, aber mehr Hilfe für die Menschen dort. Und auch am Völkermord-Verfahren hält der Gerichtshof fest.
Der Internationale Gerichtshof (IGH) hat kein Ende des israelischen Militäreinsatzes im Gazastreifen angeordnet. Das höchste UN-Gericht forderte Israel in seiner Entscheidung jedoch auf, Tod und Zerstörung einzudämmen. Südafrika hatte das höchste UN-Gericht dazu aufgefordert, Israel anzuweisen, den Militäreinsatz im Gazastreifen zu beenden.
Zuvor gab das Gericht bekannt, dass es das von Südafrika angestrengte Völkermord-Verfahren gegen Israel nicht verwerfen wird. Die israelische Regierung hatte beantragt, die südafrikanische Klage abzuweisen. Darüber, ob das Vorgehen im Gazastreifen den Tatbestand eines Genozids erfüllt, urteilte das Gericht noch nicht - eine Entscheidung in der Sache könnte Jahre in Anspruch nehmen.
Gericht hält am Völkermord-Verfahren fest
IGH-Präsidentin Joan E. Donoghue sagte, das 17-köpfige Richtergremium sei zu dem Schluss gelangt, dass es zuständig sei und den Fall daher nicht abweisen könne. Der Krieg führe zu vielen zivilen Opfern, einer weitgehenden Zerstörung der zivilen Infrastruktur und der Vertreibung einer überwältigenden Mehrheit der Bevölkerung des Küstengebiets, sagte Donoghue. "Das Gericht ist sich des Ausmaßes der menschlichen Tragödie bewusst, die sich in der Region abspielt, und es ist zutiefst besorgt über den anhaltenden Verlust von Menschenleben und das menschliche Leid."
Netanyahu: Werden Kampf gegen Hamas fortsetzen
Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanyahu verurteilte die Annahme der Völkermordklage durch den Internationalen Gerichtshof. Der Vorwurf, Israel begehe im Gazastreifen Völkermord, sei "empörend", sagte Netanyahu. Sein Land werde den Kampf gegen die militant-islamistische Hamas im Gazastreifen fortsetzen. "Wir werden tun, was notwendig ist, um unser Land zu verteidigen und um unser Volk zu verteidigen", betonte er.
Palästinensischer Außenminister begrüßt Entscheid
Der Außenminister der palästinensischen Autonomiebehörde, Riad Malki, begrüßte den Entscheid des UN-Gerichts. "Die Richter des Internationalen Gerichtshofs sind von den Fakten und Gesetzen ausgegangen. Sie urteilten zugunsten der Humanität und des internationalen Rechts", hieß es in der Stellungnahme, die in Ramallah veröffentlicht wurde. Alle Staaten, so auch Israel, seien nun aufgefordert, den Entscheid umzusetzen.
Außenministerin Annalena Baerbock bekundete am Rande ihrer mehrtägigen Ostafrika-Reise Unterstützung für die angeordneten Maßnahmen an Israel. Diese seien völkerrechtlich verbindlich, Israel müsse sich bei seinem Militäreinsatz im Gazastreifen daran halten, teilte Baerbock mit. "Der Gerichtshof hat zugleich deutlich gemacht, dass Israels Vorgehen in Gaza auf den barbarischen Terror des 7. Oktobers folgt, und daran erinnert, dass auch die Hamas an das humanitäre Völkerrecht gebunden ist und endlich alle Geiseln freilassen muss. Das werden wir mit aller Kraft unterstützen, ebenso die angeordnete Maßnahme an Israel, dringend mehr humanitäre Hilfe nach Gaza zu lassen."
Auch die EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell riefen Israel auf, die Entscheidung des Gerichtshofs zu befolgen. "Die EU erwartet, dass die vom IGH angeordneten Maßnahmen vollständig, sofort und wirksam umgesetzt werden", teilten sie mit. Entscheidungen des Internationalen Gerichtshofs seien für die Vertragsparteien verbindlich. Die EU sichere dem Internationalen Gerichtshof als wichtigstem Rechtsprechungsorgan der Vereinten Nationen weiterhin Unterstützung zu.