Verhandlungen über Nahost-Krieg Gegenseitige Vorwürfe, viele rote Linien
Bei den indirekten Verhandlungen über eine Waffenruhe zwischen Israel und der Hamas zeichnet sich kein Durchbruch ab. Beide Seiten platzieren Informationen, angeblich arbeitet die Hamas an einem Gegenvorschlag für ein Abkommen.
Vor der Fortführung der Verhandlungen zum Krieg im Nahen Osten haben sich Israel und die Hamas gegenseitig eine Blockade der Gespräche vorgeworfen. Israel werde unter keinerlei Umständen einer Vereinbarung zustimmen, die eine israelische Verpflichtung zur Beendigung des Krieges beinhaltet, zitierte die Zeitung "Times of Israel" einen über die in Ägypten laufenden Gespräche informierten Beamten.
Arabische Medienberichte, die darauf hindeuteten, dass Israel den Vermittlern Garantien für ein Ende des Krieges geben werde, seien falsch, so der Beamte. Die Hamas verlange weiterhin, dass Israel der Beendigung des Krieges als Bedingung für ein Abkommen zustimmt, "und vereitelt damit die Möglichkeit, ein Abkommen zu erreichen".
Hamas beharrt auf Beendigung des Krieges
Ein Vertreter der Hamas bekräftigte, dass die militant-islamistische Palästinenserorganisation "unter keinen Umständen einem Abkommen zustimmen werde, das nicht ausdrücklich eine Beendigung des Krieges vorsieht". Israel lehne einen "kompletten und dauerhaften Waffenstillstand" aber weiterhin ab.
Der Hamas-Vertreter warf dem israelischen Premierminister Benjamin Netanyahu vor, er wolle aus "persönlichem Kalkül" ein Abkommen verhindern. Die Hamas sei an einer Einigung interessiert, aber "nicht um jeden Preis". Falls kein Abkommen zustande komme, trage Israel die "volle Verantwortung dafür", da das Land weiterhin auf einer Bodenoffensive in Rafah im Süden des Gazastreifens beharre.
Israel bisher ohne Verhandlungsteam
Israel hat bislang kein Verhandlungsteam nach Kairo entsandt. Das Land werde erst eine Delegation entsenden, wenn die Hamas auf einen Vorschlag für ein Abkommen geantwortet habe, berichtete der israelische Sender Kan am Samstag unter Berufung auf einen Regierungsvertreter. Ein Regierungssprecher wollte das auf Anfrage nicht kommentieren. Sollte die Hamas dem Entwurf zustimmen, werde Israel eine Delegation schicken, zitierte die israelische Zeitung "Haaretz" einen ranghohen israelischen Beamten.
Die Vermittler USA, Ägypten und Katar warten seit Tagen auf eine Antwort der Hamas auf den Vorschlag, die Kämpfe im Gazastreifen für 40 Tage einzustellen und israelische Geiseln gegen palästinensische Häftlinge auszutauschen.
Warten auf den Gegenvorschlag
Die Hoffnungen auf eine Einigung auf eine Waffenruhe und die Freilassung von Geiseln waren am Samstag gestiegen, als eine Delegation der politischen Führung der Hamas zu einer neuen Verhandlungsrunde in Kairo eintraf. Man reise mit einer "positiven Einstellung" an, um eine Einigung zu erzielen, hatte es aus Hamas-Kreisen geheißen.
Der militärische Anführer der Hamas im Gazastreifen, Jihia al-Sinwar, soll sich dem "Wall Street Journal" zufolge am Freitag erstmals über Hamas-Vertreter zum jüngsten Vorschlag der Vermittler für ein Abkommen geäußert haben. Demnach komme dieser Vorschlag den Forderungen seiner Miliz bisher am nächsten. Sinwar habe aber eine Reihe von Vorbehalten geltend gemacht, hieß es unter Berufung auf die arabischen Vermittler. Es werde erwartet, dass die Hamas bald einen Gegenvorschlag vorlegen werde, hieß es.
Tausende demonstrieren in Israel für Geisel-Freilassung
In Tel Aviv demonstrierten am Samstag erneut Tausende für eine Verhandlungslösung zur Freilassung der im Gazastreifen festgehaltenen Geiseln. Dabei gab es auch laute Kritik an Netanyahu und Forderungen nach Neuwahlen.
"Netanyahu versucht einmal mehr, die einzige Chance zu torpedieren, die wir haben, um die Geiseln zu retten", hieß es in einer Stellungnahme der Angehörigen der Geiseln. Eine israelische Militäroffensive in Rafah wäre das "Todesurteil" für die Geiseln, betonte der Bruder eines in Gaza festgehaltenen Mannes. Oppositionsführer Jair Lapid forderte, die Regierung sollte noch in der Nacht Unterhändler nach Kairo entsenden "und ihnen sagen, nicht ohne einen Deal zurückzukehren".