Historiker Zimmermann "Die israelische Zivilbevölkerung war ausgeliefert"
Der Angriff der Hamas auf Israel ist nach Ansicht des Historikers Zimmermann auch eine Folge falscher Prioritäten der israelischen Regierung. Es sei zu wenig für eine Friedenslösung mit Palästina getan worden - auch in Deutschland, sagte er auf tagesschau24.
Israels Militär und Regierung schien von dem Angriff der Hamas am Wochenende überrascht worden sein. Der Staat, die Regierung und das Militär hätten versagt, sagte der israelische Historiker Moshe Zimmermann bei tagesschau24. "Der Staat Israel ist dafür gegründet worden, um Juden zu schützen, um Juden eine sichere Heimat zu garantieren." Das sei angesichts des Angriffs mit Hunderten Toten nicht gelungen.
Zimmermann: Regierung hat zu wenig für Frieden getan
Den Grund dafür sieht er unter anderem darin, dass die Regierung zu wenig für eine friedliche Lösung mit der palästinensischen Seite getan habe. Die Regierung habe seit zehn Jahren keine Friedensverhandlung geführt und zugelassen, dass eine Terrororganisation wie die Hamas die handelnde Partei in diesem Konflikt geworden ist. "Wie unmenschlich die sein kann, hat sie am Samstag gezeigt. Die israelische Zivilbevölkerung war ausgeliefert", so Zimmermann.
Die größte Bedrohung käme von der Hamas aus dem Gazastreifen. "Wenn man sich nicht damit befasst, sondern mit dem Schicksal der Siedler oder der Ausdehnung der Siedlungen in der Westbank oder mit einer Justizreform, die die Justiz unterminiert, dann hat man die falschen Prioritäten gesetzt", so Zimmermann.
Die Justizreform spaltet das Land. Seit Monaten gehen Hunderttausende Israelis auf die Straßen und protestieren gegen die Pläne von Ministerpräsident Benjamin Netanyahu. Sie befürchten eine weitreichende Beschneidung der Justiz, darunter die Rechte des Obersten Gerichtshof.
Deutschland muss Staatsräson ernst nehmen
Zimmermann sieht auch Deutschland und die internationale Gemeinschaft mehr in der Pflicht. Die Sicherheit Israels sei deutsche Staatsräson. Doch Deutschland habe sich nicht genug um die Sicherheit Israels gekümmert, meint Zimmermann.
Erforderlich wäre eine intensive Bemühung um den Frieden zwischen Israelis und Palästinensern, so der Historiker. "Das hat die deutsche Regierung, genauso wie Europa, genauso wie andere, vernachlässigt. Und so kommt es dazu, dass diejenigen, die agieren, die Terroristen sind. Und die haben Israel angegriffen."
Um die Sicherheit Israels zu bewahren, solle von nun an die Priorität sein, für den Frieden zwischen Israel und Palästinensern zu sorgen - auch für Deutschland, so Zimmermann. "Das ist die Aufgabe Nummer eins."