Jubelbilder aus Berlin Steinmeier will Feiern für Hamas "nicht dulden"
Ein pro-palästinensisches Netzwerk feierte in Berlin den Angriff der Hamas auf Israel. Der Bundespräsident zeigt sich entsetzt. Aus der Grünen-Spitze kommt die Forderung, Vereinsverbote zu prüfen.
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat Israel nach dem Großangriff durch die Hamas die "volle Solidarität" Deutschlands versichert. "In dieser schweren Zeit steht Deutschland fest an der Seite Israels - darauf kann sich das israelische Volk und darauf können sich auch Jüdinnen und Juden in Deutschland verlassen", sagte Steinmeier bei einer Veranstaltung im Schloss Bellevue.
Steinmeier kritisierte Solidaritätskundgebungen mit der Hamas in Deutschland auf das Schärfste. "Wir können es nicht dulden, wenn auf offener Straße versucht wird, die brutalen Attacken auf Israel auch noch zu feiern", sagte Steinmeier: "Wer diesen Terror bejubelt, der entwürdigt nicht nur die Opfer, der tritt auch die Menschenwürde und unsere deutsche Verfassung mit Füßen." Und weiter: "Solches Verhalten entsetzt mich, es widert mich an."
Israel habe "ein Recht darauf, sich und sein Volk zu verteidigen. Aber auch Deutschland müsse "nun besonders wachsam" sein und "das jüdische Leben in unserem Land schützen", sagte Steinmeier.
Jubel auf der Sonnenallee am Wochenende
Das pro-palästinensische Netzwerk Samidoun hatte den Angriff auf Israel am Samstag gefeiert, indem es Süßigkeiten auf der Sonnenallee im Stadtteil Neukölln verteilte. Zu Fotos von der Aktion schrieb die Organisation auf der Internetplattform X: "Es lebe der Widerstand des palästinensischen Volkes." Die Polizei stellte nach eigenen Angaben Strafanzeige.
Samidoun setzt sich für palästinensische Gefangene in israelischen Gefängnissen ein. Laut Berliner Verfassungsschutz kommt es bei Veranstaltungen des Netzwerks in der Hauptstadt "regelmäßig zu antisemitischen Bekundungen und Forderungen etwa nach einer Zerschlagung des Staates Israel". Teilweise gab es auch gewalttätige Auseinandersetzungen mit der Polizei.
Grünen-Politikerin: Vereinsverbote prüfen
In Anbetracht solcher Bilder forderte die Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen-Fraktion, Irene Mihalic, mögliche Vereinsverbote zu prüfen. "Die terroristischen Angriffe der Hamas auf Israel sind entsetzlich", sagte die Innenpolitikerin der Nachrichtenagentur dpa. Neben der Solidarität mit Israel und dem Schutz jüdischer Einrichtungen in Deutschland sollte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) nun auch islamistische und antisemitische Vereine stärker in den Fokus nehmen. Mihalic sagte: "Mit Blick auf die offen zur Schau getragene Unterstützung des Terrors der Hamas von PFLP-nahen Organisationen wie Samidoun ist die Bundesinnenministerin gefordert, auch vereinsrechtliche Maßnahmen gründlich zu prüfen."
Man habe die Sicherheitslage sehr genau im Blick, sagte Faeser. Die Bundesregierung sei in stetigem Austausch mit Israel und dem Zentralrat der Juden. "Übertragen sich möglicherweise diese Konflikte? Wir sehen es noch nicht, aber wir haben es sehr genau im Blick", sagte Faeser. Sie verurteilte zudem Gruppen, die den Terror gegen Israel auf deutschen Straßen feierten. Wenn es Anhaltspunkte dafür gebe, dass Hass und Hetze verbreitet würden, "dann werden wir das auch zur Grundlage machen für Ausweisung, wenn es rechtlich möglich ist", kündigte sie an.
Die SPD-Parteivorsitzende Saskia Esken sagte im ARD-Morgenmagazin: "Wenn solche Terrorakte auf der Straße gefeiert werden, muss man als Rechtsstaat ganz klar dagegen vorgehen".
Union: Forderungen nach Entzug der deutschen Staatsangehörigkeit
Aus der Union kamen Forderungen, Beteiligten mit doppelter Staatsbürgerschaft den deutschen Pass zu entziehen. Hier sei der Rechtsstaat gefragt, sagte CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann im ARD-Morgenmagazin. Er kündigte an, dass das CDU-Präsidium bei seiner Sitzung über die Frage des Entzugs der Staatsbürgerschaft beraten werde. Auch der CDU-Außenpolitiker Roderich Kiesewetter zeigte sich besorgt darüber, dass teilweise auch deutsche Staatsbürger an den Feiern teilgenommen hätten. Dies müsse öffentlich angesprochen werden, sagt er im rbb. Es könne nicht sein, "dass in einem Land, das den Holocaust verursacht hat und über sechs Millionen Juden auf dem Gewissen hat, das Vorgehen der palästinensischen Terroristen gerechtfertigt wird".
Der Zentralrat der Juden verlangt ebenfalls Konsequenzen: "Bei jedem, der das Morden durch die Hamas auf deutschen Straßen bejubelt und aus diesem Anlass Süßigkeiten verteilt, muss geprüft werden, welche Konsequenzen durch den Rechtsstaat gezogen werden", erklärte der Verband. Die muslimischen Verbände in Deutschland hätten es "leider versäumt, sich hierzu und zum Krieg in Israel klar zu positionieren".
Israels Botschafter: "Jetzt muss Berlin aufwachen"
Der israelische Botschafter in Deutschland, Ron Prosor, hatte die Aktion ebenfalls kritisiert. Samidoun verteile Süßigkeiten und feiere damit öffentlich die Ermordung israelischer Zivilisten,. "Jetzt muss Berlin aufwachen, damit Samidoun Berlin nicht zu einem zweiten Gaza macht", sagte Prostor.
Die Präsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Irme Stetter-Karp, sagte, es sei "wichtig, ein ganz besonderes Augenmerk" auf die Sicherheit jüdischer Mitbürgerinnen und Mitbürger in Deutschland zu richten. "Was im Nahen Osten geschieht, geht uns alle an", sagte sie. Es habe neben Solidaritätsbekundungen mit Israel "schrecklicherweise auch Demonstrationen des Hohns und der Verachtung Israels" gegeben, das beunruhige sie tief.