Israel Neues Gesetz erschwert Absetzung von Netanyahu
In Israel wird es deutlich schwerer, einen Regierungschef abzusetzen. Nur noch eine Dreiviertelmehrheit im Kabinett kann ihn aus bestimmten Gründen des Amtes entheben. Die Opposition will dagegen vor dem Höchsten Gericht klagen.
Israels Parlament hat ein Gesetz ratifiziert, das den Ministerpräsidenten vor einer Amtsenthebung schützen soll. Mit 61 zu 47 Stimmen billigte die Knesset den Entwurf. Es legt fest, dass ein israelischer Ministerpräsident nur aus gesundheitlichen oder mentalen Gründen als regierungsunfähig eingestuft werden kann.
Gleichzeitig kann nur der Amtsinhaber oder eine Dreiviertelmehrheit des Kabinetts diese Entscheidung treffen. Ein Korruptionsverdacht oder ein Interessenkonflikt reichen als Gründe für einen solchen Schritt nicht aus.
Korruptionsprozess gegen Netanyahu
Dies ist die erste von mehreren höchst umstrittenen Gesetzesänderungen der neuen rechtsreligiösen Regierung von Ministerpräsident Benjamin Netanyahu, die vom Parlament abschließend gebilligt wurde. Mit ihnen soll die Macht der Justiz eingeschränkt werden. Kritiker sagen, das Gesetz sei auf Netanyahu zugeschnitten, fördere die Korruption und vertiefe die Kluft zwischen den Israelis.
Gegen den 73-Jährigen läuft seit längerer Zeit ein Korruptionsprozess. Mit der Gesetzesänderung soll eine Einflussnahme des Höchsten Gerichts oder der Generalstaatsanwaltschaft auf eine mögliche Amtsenthebung verhindert werden.
Generalstaatsanwältin ist ausgeschlossen
Zuvor waren die Einzelheiten für ein Absetzungsverfahren nicht genau festgelegt. Laut dem unparteiischen Israel Democracy Institute (IDI) hatte das Gesetz in seiner vorherigen Form es leichter gemacht, Netanyahu im Rahmen der Korruptionsverfahren, die gegen ihn laufen, abzusetzen.
Nun werde ausgeschlossen, dass die Generalstaatsanwältin, die gegen den Regierungschef ermittelt, Netanyahu für untauglich erkläre, sagte IDI-Experte Amir Fuchs. Allerdings wäre dies ohnehin unwahrscheinlich gewesen, so der Experte. Netanyahu sieht darin den Versuch, ihn abzusetzen. Er bestreitet ein Fehlverhalten und weist Vorwürfe zurück, er wolle einen Prozess durch die Gesetzesänderung umgehen.
"Unanständig und korrupt"
Die Opposition verurteilte das neue Gesetz als "unanständig und korrupt". Der Oppositionspolitiker Avigdor Lieberman kündigte an, vor dem Höchsten Gericht dagegen vorzugehen. Die frühere Außenministerin Zipi Livni sagte: "Entweder wird Israel ein jüdischer, demokratischer und fortschrittlicher Staat sein oder ein religiöser, totalitärer, scheiternder, isolierter und abgeschotteter Staat."
In Israel gibt es seit rund drei Monaten heftige Proteste gegen die geplante Schwächung der Justiz. Bemühungen um einen Kompromiss waren aber bisher erfolglos. Es mehren sich Warnungen, das Land steuere auf eine Staatskrise hin. Demonstranten protestierten erneut. Sie blockierten wichtige Straßen, steckten Reifen in der Nähe eines Seehafens in Brand und drapierten eine riesige israelische Flagge und eine Kopie der Unabhängigkeitserklärung des Landes an den Mauern der Jerusalemer Altstadt.