Debatte über Sanktionen Israels Oligarchen-Dilemma
Israel signalisiert Solidarität mit der Ukraine. Doch bei Sanktionen gegen Russland und Oligarchen hält sich das Land so sehr zurück, dass es sich schon eine Mahnung aus den USA einfing. Die Forderungen rühren an das Grundverständnis Israels.
Anfang der Woche sprach Israels Premierminister Naftali Bennett über ein Vorhaben seiner Regierung. Im Westen der Ukraine will Israel ein Feldlazarett aufbauen. Das, so Bennet, sei "ist eine Maßnahme, die nicht viele Nationen leisten können. Israel hat die Fähigkeiten dazu, und deshalb machen wir das." Und weil es ein wichtiges Thema sei, würden dies gleich mehrere Ministerien gemeinsam umsetzen.
Israel steht in humanitärer Hinsicht an der Seite der Ukraine. Um diese Botschaft ist die israelische Regierung seit Tagen bemüht. Doch Israels Hilfe droht von einem anderen Thema überlagert zu werden: Politisch stellt sich Israel nämlich nicht so eng an die Seite Kiews.
Premier Bennett vermeidet deutliche Kritik an Russlands Angriffskrieg. An internationalen Sanktionen gegen Russland beteiligt sich Israel nicht - bislang auch nicht an Sanktionen gegen russische Oligarchen. Das liegt unter anderem an Israels Sicherheitsinteressen im benachbarten Syrien, wo Russland eine Militärmacht ist.
Ungewohnte Kritik aus den USA
Bei Israels engstem Verbündeten - den USA - kommt Israels Sonderweg gar nicht gut an. Und so wurde Victoria Nuland, Staatssekretärin im US-Außenministerium, im israelischen Kanal 12 sehr deutlich:
Jede Demokratie der Welt sollte sich unseren Sanktionen gegen Putin anschließen. Wir müssen das Regime unter Druck setzen, sein Einkommen stoppen. Wir müssen auch die Oligarchen in Putins Umfeld unter Druck setzen. Wir bitten auch Israel, sich uns anschließen. Ein Land kann doch nicht wollen, zur letzten Fluchtstätte für schmutziges Geld zu werden. Geld, das Putins Kriege finanziert.
Selten kommt aus Washington ein so deutlicher, öffentlicher Fingerzeig in Richtung Israel. Das könnte auch an Berichten liegen, dass in den vergangenen Wochen immer wieder Privatjets russischer Oligarchen in Tel Aviv landeten - während dies in weiten Teilen der Welt aufgrund der Sanktionen längst unmöglich ist.
Auch in Israel ist der Protest gegen den Ukraine-Krieg laut. Aber in Sachen Sanktionen tut sich das Land schwer.
Das Problem mit der Staatsbürgerschaft
Israels Offenheit gegenüber den Oligarchen hängt nicht nur mit geostrategischen Interessen gegenüber Russland zusammen. Laut der Nachrichtenagentur AP sind mehrere Dutzend dieser Magnaten Juden und haben in den vergangenen Jahren auch die israelische Staatsbürgerschaft angenommen. Damit steht Israel vor einem Dilemma: Würde es sich den internationalen Sanktionen anschließen, müsste es Juden und in vielen Fällen Israelis an der Einreise hindern.
Für Finanzminister Avigdor Liberman ist das auch wegen der Geschichte der Verfolgung von Juden undenkbar. "Jeder Jude kann hier unabhängig von seiner Staatsbürgerschaft Schutz finden", sagte er dem Portal Walla. "Das gilt erst Recht für jene, die einen israelischen Pass und einen israelischen Ausweis besitzen."
Auch Roman Abramowitsch besitzt die israelische Staatsbürgerschaft. Gegen den früheren Wahl-Londoner wurden Sanktionen durch Großbritannien und nun auch durch die EU verhängt. Israel macht aber nicht mit. Anfang der Woche wurde Abramowitsch von israelischen Medien auf dem Flughafen von Tel Aviv gesichtet. Mittlerweile soll er das Land wieder verlassen haben.
Begrenzte Parkerlaubnis
Laut Medienberichten dürfen die Privatjets der Oligarchen dürften nur noch für 24 oder 48 Stunden in Tel Aviv parken. Vom israelischen Außenministerium heißt es dazu jedoch: Kein Kommentar.
Außenminister Lapid hatte Anfang der Woche versprochen: "Israel wird kein Ort sein, um Sanktionen gegen Russland zu umgehen, die von den USA oder anderen westlichen Ländern verhängt wurden." Doch wie das funktionieren soll, ohne, dass sich Israel an den Sanktionen gegen Russland beteiligt: Das ist bislang unklar. Die Regierung hat nun eine Arbeitsgruppe mit verschiedenen Ministerien gebildet, die Antworten finden soll. Auch auf die vielleicht schwierigste Frage: Wie umgehen mit russischen Oligarchen, die gleichzeitig Israelis sind?