Israel Massive Unruhen nach Festnahme von Soldaten
Neun israelische Soldaten wurden festgenommen, weil sie Gefangene aus Gaza misshandelt haben sollen. Das löst Proteste aus. Rechte Kräfte sprechen von einem "Selbstzerstörungsknopf" für die Armee.
"Kontrollverlust", "Anarchie", "Auflösungserscheinungen": So lauten die morgendlichen Schlagzeilen der großen israelischen Tageszeitungen. Nicht die Vorbereitungen auf eine mögliche militärische Vergeltungsaktion der israelischen Streitkräfte gegen die Hisbollah im Libanon dominieren Israels Titelblätter und TV-Bildschirme. Vielmehr sind es Gewaltszenen zwischen der israelischen Militärpolizei, rechtsnationalen Demonstranten und einigen Parlamentsabgeordneten, die sich gestern Nachmittag vor dem Gefangenenlager Sde Teiman in der Negev-Wüste abgespielt haben. Dort werden palästinensische Häftlinge aus dem Gazastreifen festgehalten.
Militärpolizisten der Streitkräfte hatten auf Anordnung der Militär-Generalstaatsanwaltschaft neun Soldaten verhaftet, die beschuldigt werden, im Gefangenenlager einen palästinensischen Häftling schwer sexuell misshandelt zu haben. Daraufhin drängten rund 200 rechtsnationale Demonstranten auf das Gelände des Armeelagers, begleitet von einigen Parlamentsabgeordneten der rechtsextremen Koalitionsparteien von Sicherheitsminister Ben Gvir und Finanzminister Smotrich.
Israelische Sicherheitskräfte und rechte Kräfte gerieten vor der Haftanstalt in Beit Lid in eine Rangelei.
Es kam zu Rangeleien. Gewaltsam versuchte der "Mob", so die Formulierung des Nachrichtensenders Channel 12, die Festnahme der Soldaten zu verhindern. Smotrich rief zum Widerstand gegen die Entscheidung der Generalstaatsanwältin der Streitkräfte auf: Die Soldaten der Armee seien Helden und verdienten jeglichen Respekt und Wertschätzung - "Soldaten werden nicht wie Verbrecher verhaftet. Ich rufe die Generalanwältin des Militärs auf: Nimm Deine Hände von den Soldaten!"
Aufruf zu Protesten
Die neun Soldaten wurden zur Anhörung in einem Militärstützung in Beit Lid im besetzten Westjordanland verlegt. Auch dort kam es zu heftigen Protesten gegen die Festnahme der beschuldigten Soldaten. Unter anderem hatte dazu eine Knesset-Abgeordnete der Likud-Partei aufzurufen, die Anwältin Tali Gottlieb. Die Generalstaatsanwaltschaft habe auf den "Selbstzerstörungsknopf" der Armee gedrückt, und fügte hinzu: "Hört mal, die Verhafteten sind neun unserer Soldaten. Sie werden in Beit Lid befragt. Schreibt in Euer Navigationssystem 'Beit Lid Camp 21.' Meiner Meinung nach müssen sie uns sehen, wenn sie dort ankommen, sie müssen uns im Hintergrund hören."
Um erneute gewaltsame Proteste einzudämmen, setzten die Streitkräfte drei Armee-Bataillone in Marsch, um den Militärstützpunkt Beit Lid zu sichern. Straßensperren wurden errichtet.
Gallant fordert Überprüfung
Israels Verteidigungsminister Yoav Gallant verurteilte in sehr deutlichen Worten die Vorgänge: Die Ereignisse der letzten Nacht stellten einen schweren Schlag für die Sicherheit des Staates und die Autorität der Regierung dar. Gallant rief Premierminister Benjamin Netanyahu auf, zu überprüfen, ob der rechtsextreme Sicherheitsminister Ben Gvir absichtlich Polizeikräfte zurückgehalten habe.
Ex-Minister Benny Gantz, Chef der größten Oppositionspartei und bis vor wenigen Wochen Mitglied im sogenannten Kriegskabinett, warnte auf seinem Online-Kanal: "Wir stehen vor sehr herausfordernden Tagen hier im Norden. Die Armee konzentriert sich darauf, die Hisbollah auseinanderzunehmen, man darf nicht die Armee auseinandernehmen."