Krieg in Nahost Weitere Freilassung von Geiseln und Gefangenen erwartet
Die militant-islamistische Hamas wird heute wohl erneut Geiseln freilassen. Im Gegenzug dürften palästinensische Gefangene freikommen. Die Verhandlungen über eine Verlängerung der Feuerpause gehen weiter.
Es gibt Hoffnung für weitere in den Gazastreifen verschleppte Geiseln und deren Angehörige: Die militant-islamistische Hamas wird voraussichtlich im Laufe des Tages erneut Menschen freilassen. Die Angehörigen der betroffenen Geiseln seien bereits informiert worden, berichtete der israelische Sender Kan.
Israelische Medien gaben unter Berufung auf das Büro des Ministerpräsidenten bekannt, dass Israel auch heute wieder von der Hamas eine Liste mit den Namen der Geiseln erhalten habe, die die Terrororganisation freilassen werde. Eine Stellungnahme dazu war von der israelischen Regierung nicht zu erhalten. Im Gegenzug dürfte Israel abermals palästinensische Gefangene aus seinen Haftanstalten entlassen.
Verlängerung der Feuerpause um vier weitere Tage?
Heute ist der letzte Tag der bereits auf sechs Tage verlängerten Feuerpause im Gazastreifen. Der Vermittler Katar bemüht sich darum, die Pause noch einmal auszuweiten. Israel hatte mitgeteilt, die Feuerpause könne weiter verlängert werden, sofern die Hamas weiterhin mindestens zehn israelische Geiseln pro Tag freilasse.
Die Hamas ist nach Angaben aus ihrem Umfeld offenbar zu einer Verlängerung der seit Freitag geltenden Feuerpause um weitere vier Tage bereit. Sie habe die Vermittler über ihre Position informiert, erfuhr die Nachrichtenagentur AFP aus Hamas-Kreisen. Während dieses Zeitraums könnten "weitere israelische Gefangene freigelassen" werden, die von der Hamas "und anderen Parteien festgehalten" würden, hieß es.
Etwa 160 Menschen werden noch in der Gewalt radikaler Gruppen im Gazastreifen vermutet. Unter anderem bei der Terrororganisation Islamischer Dschihad. Sprecher Mohammed al Hindi gab sich zuversichtlich, Israel zu einer Verlängerung der Feuerpause bewegen zu können: "Ich denke, dass Israel verlängern will. Nicht nur für zwei Tage, sondern länger. Sie haben eine Liste mit 300 palästinensischen Häftlingen, Frauen und Kindern. Das deutet auf eine Verlängerung für fünf Tage hin, nicht zwei Tage."
Demonstrationen für Freilassungen
US-Außenminister Antony Blinken will sich noch diese Woche bei einem erneuten Besuch im Nahen Osten für eine Verlängerung der Feuerpause einsetzen. "Wir werden uns darauf konzentrieren, die Pause so weit wie möglich zu verlängern, damit wir mehr Geiseln befreien und mehr humanitäre Hilfe leisten können", sagte er nach einem Treffen der NATO-Außenminister in Brüssel. Israel sei "sehr darauf bedacht, seine Leute nach Hause zu bringen, also arbeiten wir daran."
An der Einfahrt zum israelischen Verteidigungsministerium hatten gestern Familien der Geiseln und ihre Unterstützer für weitere Freilassungen demonstriert. Eine von ihnen ist die 23-Jährige Shani Hadashi-Gannon. Sie rief die israelische Regierung auf, mehr Kompromisse einzugehen: "Wir müssen ihnen alles geben, was sie wollen. Gas, Strom, so viele Häftlinge, wie wir haben. Um jeden nach Hause zu holen, auch unsere Soldaten, Männer - alle."
Anderen gehen die Zugeständnisse der israelischen Regierung an die Hamas schon jetzt viel zu weit. So wie dem nationalistischen Oppositionspolitiker Avigdor Lieberman: "Eine andauernde Feuerpause wäre ein weiteres Versagen. Nicht geringer als das Versagen vom 7. Oktober. Das würde bedeuten, dass wir die Macht der Hamas zementieren. Das widerspricht den festgelegten Kriegszielen völlig. Die Hamas würde als großer Gewinner rausgehen."
Gestern zwölf weitere Geiseln freigelassen
Gestern hatten die Hamas und der mit ihr verbündete Islamische Dschihad zwölf Geiseln übergeben. Nach Angaben des Büros von Ministerpräsident Benjamin Netanyahu handelte es sich um zehn Israelis und zwei Ausländer. Unter den Israelis waren auch betagte Frauen bis zu einem Alter von 84 Jahren und eine 17-Jährige, die mit ihrer Mutter zusammen freigelassen wurde.
Im Gegenzug sind nach Angaben der israelischen Strafvollzugsbehörde 30 weitere palästinensische Häftlinge entlassen worden. Es handele sich demnach um Frauen und Jugendliche.
Baerbock: Deutsche unter den freigelassenen Geiseln
Unter den freigelassenen Geiseln war laut Außenministerin Annalena Baerbock auch eine Deutsche. "Bange Wochen haben für weitere Familien endlich ein Ende", schrieb die Grünen-Politikerin auf der Plattform X, ehemals Twitter. "Ich bin erleichtert für sie alle", so Baerbock weiter. "Gleichzeitig erinnert jede einzelne Befreiung daran, für wie viele der schlimmste Albtraum noch andauert."
Damit erhöht sich die Zahl der bislang freigelassenen Geiseln mit deutschem Pass auf elf. Bei ihrem Terrorangriff am 7. Oktober hatten die Hamas-Terroristen insgesamt etwa 240 Menschen in den Gazastreifen verschleppt, unter ihnen etwa 20 Menschen, die auch die deutsche Staatsbürgerschaft haben.
Steinmeier bittet Katar um weitere Vermittlung
Bei seinem Besuch in Katar hat Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier die Führung des Landes um weitere Bemühungen zur Freilassung der deutschen Geiseln gebeten. "Ich bin sicher nach diesem Gespräch, dass Katar alles unternehmen wird, um auch zur Freilassung der deutschen Geiseln beizutragen", sagte er nach einem Treffen mit Emir Tamim bin Hamad Al Thani.
"Aber wir müssen verstehen, in einer solch schwierigen Verhandlungssituation kann es dazu auch keine Garantien geben." Er hoffe, "dass wir dazu in den nächsten Tagen Nachrichten, gute Nachrichten erwarten können".
Mit Informationen von Björn Dake, ARD-Studio Tel Aviv