Syrien Assads Krieg dauert nun elf Jahre
Vor elf Jahren begann der Krieg in Syrien - die Hälfte der Bevölkerung verlor ihre Heimat. An der Seite von Machthaber Assad zerbombte die russische Luftwaffe Städte wie Aleppo und Homs. Viele Syrer fühlen jetzt mit den Ukrainern.
"Der Krieg ist nur für die Medien zu Ende, nicht für die Menschen, die unter ihm leiden", sagt Rudayna Baalbaky. Sie arbeitet an der Amerikanischen Universität Beirut. Spezialgebiet: Politische Gewalt, bewaffnete Konflikte.
Wenn es um Syrien geht, wirkt die Politikwissenschaftlerin nur noch resigniert. "Seitdem die internationale Gemeinschaft darin überein gekommen ist, dass der IS militärisch besiegt ist, interessiert sich die Welt kaum noch für Syrien. Es wird kaum noch darüber berichtet. Und diplomatisch passiert so gut wie nichts mehr", sagt Baalbaky.
500.000 Menschen sind gestorben
Baalbaky zählt auf, was man für Syrien an Basisdaten festhalten muss: eine halbe Million Kriegstote, sechs Millionen Vertriebene innerhalb Syriens, 5,6 Millionen ins Ausland geflohen. Noch immer ist Syrien das größte humanitäre Desaster der Gegenwart. Ausgelöst durch Syriens Machthaber Baschar Al-Assad.
Am 15. März 2011 ließ Assad in der Stadt Dará ein paar Halbwüchsige einsperren. Sie hatten - wohl eher aus Jux und jugendlicher Tollerei als aus politischer Überzeugung - ein paar regierungskritische Parolen auf eine Hauswand gekritzelt. Dafür sollten sie büßen.
Russland griff 2015 ein
Aus kleinen Protesten in Darà wurden große Demonstrationen in Damaskus und Homs. Aus Aufruhr wurde Bürgerkrieg, dann Stellvertreterkrieg, schließlich folgte das Eingreifen Russlands im September 2015 auf Seiten Assads. Wladimir Putin, heute Kriegstreiber in der Ukraine, hat damals Syriens Diktator gerettet. Aber wer will das noch wissen, jetzt, da sich ein Desaster mitten in Europa anbahnt?
Es sei schon seltsam, sagt Baalbaky, aber die Leute hier in dieser Region, besonders die syrischen Flüchtlinge, zeigten gerade jetzt viel Mitgefühl für die Menschen in der Ukraine. Sie wüssten genau, was sie jetzt durchmachten.
Jahrelanges Leben in Flüchtlingscamps und Baracken
Über eine Million Syrer haben im benachbarten Libanon Zuflucht gefunden. Sie leben in über 1000 Camps in der Bekaa-Hochebene, die zur Zeit kaum zugänglich ist, weil die Bergpässe zugeschneit und gesperrt sind. Oder sie hausen hier an den zugemüllten Rändern Beiruts in Baracken, die sie über die Jahre mit Holzbrettern und Plastikkarton-Wänden ausgebaut haben. Immer noch ärmlich, aber ausgestattet mit Ofen, Fernsehen und Internet.
"Es bricht mir das Herz, wenn ich sehe, was in der Ukraine geschieht", sagt Fawzia. Vor sieben Jahren ist sie aus der syrischen Stadt Hama geflohen, mit ihrem Mann, zwei Kindern und so viel Gepäck, wie sie tragen konnten.
Ihr Mann sagt: "Wir wissen, wie das ist, wenn du aus deinem Haus rennen musst, weil es getroffen wird und brennt und du die Toten auf der Straße rumliegen siehst. Wir kennen das. Und deshalb unterstützen wir die Leute in der Ukraine. Sie erleben jetzt das, was wir erleben mussten."
Fawzia (links), ihr Mann und ihre Kinder sind aus Hama geflohen.
Nichts in Syrien ist vorbei. In ausgebombten Städten wie Aleppo oder Homs sind mehr als die Hälfte der Gebäude nicht mehr bewohnbar. Die russische Luftwaffe hat beim Zerstören ganze Arbeit geleistet. In den Wiederaufbau wird Putin nichts investieren.
Der Krieg in der Ukraine könnte Hunger in Syrien auslösen
Über 90 Prozent der Syrer leben heute in Armut, die Hälfte der Bevölkerung hat ihre Heimat verloren. Und fallen in diesem Jahr die Weizenimporte aus Russland und der Ukraine aus, kommt eine Hungersnot über Syrien. "Assad oder wir brennen das Land nieder", war das Motto der regimetreuen Milizen während des Krieges. Das Land ist niedergebrannt. Und Assad immer noch da.