13. Versuch einer Wahl Bekommt der Libanon endlich einen Präsidenten?
Seit Jahren ist der Libanon ohne einen Präsidenten. Jetzt unternimmt das Parlament des gebeutelten Landes einen neuen Anlauf für dessen Wahl - zum 13. Mal. Eine Einigung wäre dringend nötig.
Hört man sich in den Straßen von Beirut um, dann wird vor allem ein Mann als nächster Präsident des Libanon genannt: Armeechef Joseph Aoun hätte gute Chancen bei den Wählerinnen und Wählern. Denn in der Bevölkerung gilt die Armee als einzige Institution, die glaubwürdig den libanesischen Staat als Ganzes verkörpert.
Aoun wäre nicht der erste Militär an der Spitze des libanesischen Staates, sagt Heiko Wimmen von der International Crisis Group. Wenn sich der Libanon in einer wirklich existentiellen Staatskrise befunden habe, sei der Armeechef gewählt worden.
Aber nicht die Wählerinnen und Wähler sollen nach mehr als zwei Jahren das Vakuum an der Spitze des krisengeschüttelten Staates beenden, sondern das Parlament - im 13. Anlauf.
Kommt es zur Einigung?
Analyst Rabih Haber ist sich sicher, dass auch diesmal kein neuer Präsident gewählt wird. Denn die Parteien hätten sich bisher nicht geeinigt. Unklar ist auch, wen die immer noch einflussreiche Hisbollah unterstützen will.
Die politischen Prozesse im Libanon sind schwierig, weil die Parteien entlang religiöser Linien und auch untereinander zerstritten sind.
Der religiöse Proporz des Landes verlangt, dass der Präsident maronitischer Christ ist - wie Aoun. Doch 86 Abgeordnete, zwei Drittel der Mandatsträger, müssten für ihn stimmen. Und weil Aoun als Offizier Staatsbediensteter ist, wäre auch eine Verfassungsänderung nötig - ebenfalls mit einer Zweidrittelmehrheit.
Parlamentspräsident Nabih Berri habe dafür schon einmal eine Lösung gefunden, sagt Wimmen: "2008, als Michel Slimane gewählt wurde, damals auch Armeechef, hat Berri gesagt: 'Wenn jetzt 86 für Slimane stimmen, dann können wir uns die Verfassungsänderung sparen, dann haben wir die zwei Drittel'."
So könnte es wieder laufen, meint Wimmen, wenn Berri - ein gewiefter Strippenzieher - es wolle. Doch sicher ist das nicht.
Nur Präsident kann Regierung ernennen
Nach Ansicht des Analysten Haber liegt das auch an wichtigen ausländischen Akteuren. "Es wird erst gewählt, wenn die USA und der Iran sich auf einen Präsidenten für den Libanon einigen", sagt Haber. Eine solche Einigung scheint jedoch unwahrscheinlich.
Wimmen ist weniger pessimistisch. Er sieht Chancen für Aoun: "Der generelle Eindruck ist, dass die USA, Frankreich, Katar und Saudi-Arabien das mit Wohlgefallen betrachten würden. Und der Libanon ist für Wiederaufbau auf Wohlgefallen angewiesen, gerade aus Saudi Arabien."
Seit Oktober 2022 ist der Libanon ohne Präsident. Den braucht es aber, um das Land aus der tiefen politischen, sozialen und wirtschaftlichen Krise zu führen.
Nicht nur wegen der Folgen des kurzen, verheerenden Kriegs zwischen Hisbollah und Israel, sondern auch wegen der schweren Wirtschaftskrise, unter der das Land und seine Bürgerinnen und Bürger seit 2019 leiden, ist eine handlungsfähige Regierung nötig. Die aber kann nur der libanesische Präsident ernennen.