Scholz reist nach Israel Antrittsbesuch unter Termindruck
Kanzler Scholz reist zum Antrittsbesuch nach Israel. Wegen des Ukraine-Kriegs wird die Reise kürzer ausfallen als geplant. Der Konflikt wird sicher auch Thema der Gespräche mit Ministerpräsident Bennett sein.
Dieser Antrittsbesuch fällt anders aus als geplant. Ursprünglich wollte sich Olaf Scholz mehr Zeit nehmen für Israel und dann auch noch in die palästinensischen Gebiete und nach Jordanien reisen. Doch angesichts des Kriegs in der Ukraine, besucht der deutsche Kanzler nun nur Israel und bleibt auch keine 24 Stunden. Am Vormittag wird Scholz zum ersten Mal als deutscher Regierungschef in der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem sein, dem Ort der Erinnerung an sechs Millionen von den Nazis ermordeten Juden.
Daraus erwächst auch für die neue Bundesregierung das Bekenntnis zur Sicherheit des jüdischen Staates. Unter Angela Merkels Führung wurde Deutschland in Israel als enger und verlässlicher Partner gesehen und es gibt keine wesentlichen Zweifel, dass sich daran nun etwas ändert.
In Detailfragen könnten sich aber durchaus Positionen verschieben, sagt Peter Lintl, Israel-Experte der Stiftung Wissenschaft und Politik. "Grundsätzlich ist der Eindruck schon richtig, dass das deutsch-israelische Verhältnis weiterhin stabil und gut bleiben wird." Aber er denke, dass "die neue deutsche Regierung - nicht nur der Kanzler sondern auch insbesondere die Außenministerin - ein stärkeres Gewicht auf Menschenrechts- und Völkerrechtsfragen legen wird. Das hat man ja auch schon gesehen."
Russlands Militärpräsenz in Syrien
Israels Besatzungspolitik und der Siedlungsbau in den palästinensischen Gebieten werden bei diesem Kanzlerbesuch aber wohl eher keine Hauptrolle spielen. Der Krieg in der Ukraine wird voraussichtlich großen Raum einnehmen, wenn Scholz mit Israels Regierungschef Naftali Bennett und Außenminister Jair Lapid zusammentrifft. Israel hat zunächst lange eine Positionierung im Konflikt vermieden, bevor es den russischen Angriff dann verurteilte. Hintergrund ist die Militärpräsenz Russlands in Syrien. Israel fliegt regelmäßig Luftangriffe in dem Nachbarland, um den Einfluss des Iran und seiner Verbündeten dort einzudämmen.
Die Regierung in Jerusalem wolle Moskau nicht verärgern, fasst SWP-Experte Lintl zusammen. "Auf der einen Seite ist für jeden sichtbar, dass Russland hier der Aggressor ist. Gleichwohl tut sich Israel sehr schwer, Russland zu verurteilen, weil natürlich die Russen den Luftraum in Syrien dominieren, kontrollieren." Israel sei ein Stück weit auf die israelisch-russische Kooperation in Syrien angewiesen, um dort mögliche Bedrohungen auszuschalten. "Von daher windet sich quasi Israel gerade ein wenig mit einer Positionierung", sagt Lintl.
Israel als Vermittler?
So ist auch die Zurückhaltung der Regierung Bennett zu erklären, nachdem der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj Israel als möglichen Vermittler ins Spiel brachte. Es wäre eine für Israel ungewohnte Rolle, glaubt Experte Lintl:
Was Israel prädestinieren würde als Vermittler, ist einfach die Tatsache, dass sie mit Russland kooperieren in Syrien, also sie haben eine Verbindung, einen Zugang zu Putin und das ist zwar eigentlich das einzige aber auch ein sehr wichtiges Argument. Ob sie gute Vermittler sein werden, dass muss man sehen. Das ist ein historisches Novum.
Nuklearabkommen mit dem Iran
Die israelische Seite wird bei den Treffen mit Scholz, da ist sich SWP-Experte Lintl sicher, auch eine mögliche Neuauflage des Nuklearabkommens mit dem Iran thematisieren. "Zweifelsohne werden die Israelis mit Olaf Scholz über den Iran sprechen, über das neue Abkommen, das vielleicht geschlossen wird und ihre Kritik, die sie daran haben werden: Dass es nicht umfangreich genug ist, dass es den Iran näher an eine Atombombe bringen könnte und so weiter." Scholz werde das Abkommen verteidigen. Das werde sicher von israelischer Seite das Topthema werden.
Am Mittag werden Scholz und Bennett auf einer gemeinsamen Pressekonferenz eine Bilanz der Gespräche ziehen und am Nachmittag wird der Bundeskanzler dann bereits wieder zurückreisen.