Scholz beendet Chinareise Kleine Schritte statt großer Wurf
Mehr als drei Stunden dauerte das Treffen von Kanzler Scholz und Chinas Staatschef Xi. Hauptthema war die Ukraine. Eine Zusage, dass China an einem Friedensgipfel teilnimmt, gab es nicht - immerhin aber positive Signale.
China und Deutschland wollen die Bemühungen um Frieden in der Ukraine künftig gemeinsam voranbringen. Wie die Rolle Chinas dabei genau aussehen kann, blieb nach einem Treffen des chinesischen Präsidenten Xi Jinping mit Bundeskanzler Olaf Scholz in Peking aber unklar.
Scholz konnte Xi nicht zur Zusage einer chinesischen Teilnahme an der für Juni geplanten Schweizer Friedenskonferenz bewegen. Die beiden verständigten sich aber darauf, sich über diese und mögliche weitere Konferenzen "intensiv und positiv" abzustimmen.
Scholz und Xi sprachen insgesamt drei Stunden und 20 Minuten miteinander - ungewöhnlich lang. Das Treffen begann mit einer Stunde in großer Runde, dann folgte eine 45-minütige Teezeremonie unter vier Augen und schließlich ein gemeinsames Essen. Das soll Xi als Gleichnis in Anspielung auf die Lösungsinitiativen beim Ukraine-Krieg genutzt haben: Alle sollten mit am Tisch sitzen, aber keiner sollte auf der Speisekarte stehen, wurde er zitiert.
Unterschiedliche Äußerungen Chinas zur Ukraine
Zu den Bemühungen um die Friedenskonferenz gab es von chinesischer Seite mehrere unterschiedliche Äußerungen. In der ersten Stellungnahme hieß es, China unterstütze eine internationale Friedenskonferenz nur, wenn sie sowohl von Russland als auch von der Ukraine akzeptiert werde. Der russische Präsident Wladimir Putin hat die Schweizer Initiative aber bereits abgelehnt und wurde auch gar nicht eingeladen.
Später ergänzten die Chinesen, dass man sich weiter über diese und andere Konferenzen abstimme. Wie groß die Bereitschaft in Peking ist, an dem Gipfel in der Schweiz teilzunehmen, blieb letztlich offen.
Die Gastgeber wollen hundert Länder dazu einladen und möglichst viele Staaten mit an den Tisch bringen, die Russland freundlich gesinnt sind - allen voran China. Die Atommacht mit ihren 1,4 Milliarden Einwohnern gilt als wichtigster Verbündeter Russlands. Die Konferenz in der Schweiz steht und fällt deswegen mit der Teilnahme Chinas.
Scholz bittet China um Hilfe
Aus deutscher Sicht war der Ukraine-Krieg das Thema Nummer eins bei den politischen Gesprächen in Peking. Nach dem ersten Besuch des Kanzlers in China hatte Xi die russischen Drohungen mit einem Atomschlag zurückgewiesen. Heute wurde das durch die gemeinsame Forderung ergänzt, keine Atomanlagen im Kriegsgebiet anzugreifen.
Später äußerte sich der Kanzler noch im Onlinedienst X. Dort schrieb er, Chinas Wort habe Gewicht in Russland. Er habe Xi gebeten, "auf Russland einzuwirken, damit Putin seinen irrwitzigen Feldzug endlich abbricht, seine Truppen zurückzieht und diesen furchtbaren Krieg beendet."
Xi: Stabile Zusammenarbeit wichtig
Xi sprach von einer "neuen Epoche der Turbulenzen und der Umbrüche", in der die Risiken für die gesamte Menschheit zunähmen. "Um diese Fragen zu lösen, ist es unabdingbar, dass zwischen den Großmächten die Kooperation die Oberhand gewinnt." In diesem Sinne sei eine stabile Zusammenarbeit der großen Volkswirtschaften Deutschland und China wichtig. "Gemeinsam können wir der Erde mehr Stabilität und Sicherheit einhauchen."
Scholz hatte Xi zu Beginn des Gesprächs eindringlich auf die verheerenden Auswirkungen des Krieges hingewiesen. "Mittelbar beschädigen sie die gesamte internationale Ordnung, denn sie verletzen einen Grundsatz der Charta der Vereinten Nationen: den Grundsatz der Unverletzlichkeit von Staatsgrenzen", sagte Scholz. "Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine sowie die Aufrüstung Russlands haben ganz erhebliche negative Auswirkungen auf die Sicherheit in Europa."
Lieferungen an Russland - für China kein Thema
Der Westen wirft China vor, Russland mit Gütern zu versorgen, die sowohl zivil als auch militärisch genutzt werden können und so die russische Kriegswirtschaft zu unterstützen. Scholz hatte schon vor dem Treffen klargemacht, dass er dieses Thema deutlich ansprechen wolle. Xi ging darauf in seiner Erklärung nicht ein. Er sagte lediglich, dass China sei "keine Partei und kein Beteiligter in der Ukraine-Krise".
Es war die zweite China-Reise des Kanzlers seit seiner Vereidigung im Dezember 2021. Sein Antrittsbesuch im November 2022 war wegen der noch anhaltenden Corona-Pandemie nur ein Tagestrip. Diesmal nahm er sich drei Tage Zeit - so viel wie noch nie zuvor für ein einziges Land bei einer Reise.