Sri Lanka Linkskandidat gewinnt Präsidentenwahl
Erstmals seit dem Staatsbankrott und Massenprotesten vor zwei Jahren wurde in Sri Lanka ein neuer Präsident gewählt. Der Sieger, der linksgerichtete Oppositionelle Dissanayake, verspricht wirtschaftliche Reformen.
In Sri Lanka ist der Anführer der linken Koalition "Nationale Volksmacht" (NPP), Anura Dissanayake, nach seinem Sieg bei der Präsidentenwahl offiziell vereidigt worden.
Der 55-Jährige hatte laut der Wahlkommission die Abstimmung mit 42,3 Prozent und einem Vorsprung von mehr als einer Million Stimmen vor dem Oppositionsführer im Parlament, Sajith Premadasa, gewonnen. Der seit zwei Jahren amtierende Übergangspräsident Ranil Wickremesinghe landete abgeschlagen auf dem dritten Platz.
Dissanayake sagte bei seiner Amtseinführung, er sei sich der schwierigen Aufgabe bewusst, die vor ihm liege. "Ich werde alles dafür tun, den Erwartungen der Menschen zu entsprechen." Zuvor hatte er auf dem Kurznachrichtendienst X geschrieben: "Dieser Sieg gehört uns allen. Gemeinsam werden wir Sri Lankas Geschichte schreiben." Übergangspräsident Wickremesinghe räumte seine Niederlage ein und gratulierte seinem Nachfolger.
Wirtschaftsreformen geplant
Die Wahl war de facto eine Abstimmung über den strikten Sparkurs, der dem südasiatischen Inselstaat vom Internationalen Währungsfonds (IWF) im Gegenzug für Hilfen auferlegt worden war. Dissanayake werde den Deal mit dem IWF nicht aufkündigen, aber nachverhandeln, sagte ein Sprecher seiner der Nachrichtenagentur AFP.
Dissanayake wolle die Einkommensteuer sowie die Mehrwertsteuer auf Lebensmittel und Medikamente senken. Seine marxistische Partei hatte in den 1970er- und 1980er-Jahren zwei gescheiterte Aufstände angeführt, bei denen mehr als 80.000 Menschen starben. Bei der jüngsten Parlamentswahl 2020 erhielt sie weniger als vier Prozent der Stimmen.
Dissanayakes Sieg werteten Beobachter als Zeichen, dass das Volk der alten politischen Garde überdrüssig ist. Der bisherigen Regierung wird vorgeworfen, Sri Lanka an den Rand des wirtschaftlichen Ruins getrieben zu haben. Dissanayakes Eintreten für die Arbeiterschicht und seine Wahlkampftiraden gegen die politische Elite machten ihn hingegen gerade bei jungen Menschen populär.
Erste Wahl seit Wirtschaftskrise
Die Präsidentschaftswahl war die erste in Sri Lanka seit den Massenprotesten auf dem Höhepunkt der Finanz- und Wirtschaftskrise vor zwei Jahren. Der damalige Staatschef Gotabaya Rajapaksa flüchtete aus dem Land, nachdem Tausende Menschen seinen Amtssitz gestürmt hatten.
Unter seinem Nachfolger Wickremesinghe stabilisierte sich die Lage im Land. Gemäß dem IWF-Rettungspaket verfügte Steuererhöhungen und andere Maßnahmen belasten jedoch weiterhin die Bevölkerung. Aus Furcht vor Unruhen wurden Tausende Polizisten zum Schutz der Wahllokale eingesetzt, nach Schließung der Wahllokale galt eine nächtliche Ausgangssperre. Nach Behördenangaben blieben Gewaltakte vor und nach der Wahl aus. Siegesfeiern sind vorsorglich jedoch erst eine Woche nach der Bekanntgabe des Endergebnisses erlaubt.