Baerbock in Tallinn "Lage in Mariupol kaum zu ertragen"
Außenministerin Baerbock hat Russlands Präsidenten Putin aufgefordert, endlich Fluchtkorridore aus Mariupol zu ermöglichen. Mit Blick auf Waffenlieferungen erneuerte sie ihre Zusage, es gebe "keine Tabus".
Nach einem Treffen mit ihrer estnischen Amtskollegin Eva-Maria Liimets in Tallinn hat die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock Russlands Präsidenten Wladimir Putin aufgefordert, die Evakuierung von Mariupol zu ermöglichen.
"Es liegt in Putins Hand, diese Bombardierung dort entsprechend einzustellen und zu stoppen", so Baerbock am zweiten Tag ihrer Reise durch die baltischen Staaten. "Die Lage ist nicht nur hochdramatisch. Sie ist kaum zu ertragen."
Mariupol offenbar von Russland kontrolliert
Am Vormittag hatte das russische Verteidigungsministerium mitgeteilt, dass Mariupol vom russischen Militär kontrolliert werde. Mehr als 2000 ukrainische Soldaten befänden sich aber noch auf dem Gelände der Fabrik Asowstal, informierte der russische Verteidigungsminister Sergej Schoigu Präsident Putin.
Putin sah offenbar keinen Grund, das Industriegebiet zu stürmen, wollte das Gebiet aber blockieren. In drei bis vier Tagen solle es dann eingenommen werden.
Unschuldige in Sicherheit bringen
Mariupol solle "ausgeblutet und ausgehungert" werden, sagte Baerbock in Estlands Hauptstadt. Die russische Bombardierung der Strecken und der Wege müsse eingestellt werden, damit unschuldige Menschen in Sicherheit gebracht werden könnten. "Die Menschen müssen die Stadt verlassen können", so Baerbock.
Die Lage zeige, mit welcher Brutalität die russische Regierung diesen Krieg führe, so Baerbock. Gemeinsam mit internationalen Partnern und dem Internationalen Komitee des Roten Kreuzes arbeite sie an Lösungen.
Baerbock: Kein Verlass auf Zusagen
Es müsse Fluchtkorridore geben, das hätten sowohl das Auswärtige Amt als auch das Kanzleramt Russland wiederholt deutlich gemacht. Eine Flucht sei zum Teil möglich gewesen, einige Flüchtende seien aber auch beschossen worden. "Da sieht man, dass eben auch kein Verlass auf Zusagen ist", sagte Baerbock.
Am Mittwoch konnten nach Angaben der ukrainischen Regierung nur vier Busse mit Zivilisten die zerstörte Hafenstadt verlassen. Beim Messengerdienst Telegram erklärte die stellvertretende Ministerpräsidentin der Ukraine, Iryna Wereschtschuk, die Sicherheitssituation bleibe schwierig, man versuche aber weiterhin, Frauen, Kinder und Ältere aus der Stadt zu bringen.
"Keine Tabus" bei Waffen
In Bezug auf Waffenlieferungen wiederholte Baerbock in Tallinn ihre Zusage, es gebe "keine Tabus". Deutschland überprüfe derzeit, welche zusätzliche Ausstattung ältere Panzer vom Typ Marder benötigten, um die ukrainische Armee damit auszustatten, so Baerbock.
Aktuell gehe es schneller, die ukrainischen Truppen mit älteren Geräten sowjetischer Bauart auszustatten und diese anschließend bei den NATO-Verbündeten mit deutschen Panzern zu ersetzen.