Bosnien und Herzegowina Entscheidungen von Regionalparlament aufgehoben
In Bosnien und Herzegowina hat der Hohe Repräsentant Schmidt zwei Entscheidungen des Regionalparlaments der Republika Srpska aufgehoben. Dem bosnisch-serbischen Landesteil wird seit längerer Zeit vorgeworfen, eine Abspaltung anzustreben.
Im multi-ethnischen Balkanstaat Bosnien und Herzegowina drohen neue Spannungen: Christian Schmidt, ehemals Bundesminister und heute Hoher Repräsentant der internationalen Gemeinschaft für das Land, hat zwei Parlamentsentscheidungen des mehrheitlich serbischen Landesteils aufgehoben.
Die jüngsten Entscheidungen des Parlaments der Republika Srpska seien eine klare Verletzung der verfassungsmäßigen Ordnung Bosnien und Herzegowinas und des Dayton-Abkommens, sagte Schmidt in Sarajevo.
Als Hoher Vertreter hat Schmidt die Befugnis, Gesetze zu ändern und Entscheidungen durchzusetzen, um sicherzustellen, dass sich die Politiker des Landes für die Wahrung des Friedens und die Förderung der Versöhnung einsetzen.
Streit im Verfassungsgericht
Die Abgeordneten des bosnisch-serbischen Parlaments hatten am Dienstag dafür gestimmt, die Entscheidungen des Verfassungsgerichts des Landes nicht mehr anzuerkennen. Zuvor hatte das Gericht die eigene Satzung dahingehend verändert, dass es fortan ohne serbische Richter tagen kann. Die Entscheidung war einer Weigerung des bosnischen Parlaments gefolgt, eine freie Stelle auf der Richterbank des Gerichts zu füllen.
Vor einer Woche hatte das Parlament zudem ein Gesetz verabschiedet, mit dem vom Bosnien-Repräsentanten Schmidt getroffene Entscheidungen umgangen werden sollten.
Beide Entscheidungen wurden nun von Schmidt gekippt.
Bosnien und Herzegowina ist ein Nachfolgestaat der ehemaligen Republik Jugoslawien. 1992 gab es ein Referendum, in dem sich 99,7 Prozent der Wähler für die Unabhängigkeit aussprachen. Viele bosnische Serben, die etwa ein Drittel der damals knapp 4,5 Millionen Einwohner des Teilstaats ausmachten, boykottierten die Abstimmung allerdings.
Anschließend brach ein Krieg aus, der bis 1995 andauerte. Die Intervention von Vereinten Nationen und NATO beendete den Konflikt. Im November 1995 gaben die Kriegsparteien schließlich ihre Zustimmung zum Friedensabkommen von Dayton, das unter Beteiligung der Europäischen Union und der USA zustande kam. Die Verfassung des Landes ist in diesem Friedensabkommen festgelegt.
Seitdem besteht Bosnien und Herzegowina aus zwei Landesteilen: der Föderation Bosnien und Herzegowina und der Republika Srpska. Dem Grenzdistrikt um die Stadt Brčko wurde ein Sonderstatus verliehen. Verbunden sind die Landesteile durch eine gemeinsame Zentralregierung, die jedoch nur eingeschränkte Befugnisse hat.
Bundesregierung sieht Verstoß gegen Dayton-Abkommen
Die US-Botschaft in Sarajevo erklärte, die USA unterstützten die Souveränität, territoriale Integrität und den multi-ethnischen Charakter Bosnien und Herzegowinas. "Individuen", die sich gegen das Dayton-Abkommen einsetzten, würden "für ihre Taten zur Verantwortung gezogen". Der britische Botschafter Julian Reilly erklärte, die jüngsten Schritte der Republika Srpska stellten eine Bedrohung für die Stabilität des Landes dar.
Am Freitag hatte die Bundesregierung kritisiert, dass die Entscheidungen des Regionalparlaments die Einheit des Landes gefährdeten. "Die Entscheidungen des Gerichts sind abschließend und bindend und müssen respektiert werden", sagte der Sprecher des Auswärtigen Amtes, Christofer Burger. So wie auch die EU-Kommission halte die Bundesregierung deshalb "finanzielle Unterstützung für große Infrastrukturprojekte in der Republik Srpska zurück".
Ein Land, zwei Landesteile
In Bosnien und Herzegowina gibt es knapp 30 Jahre nach Ende des Balkankriegs weiter erhebliche Spannungen zwischen den Volksgruppen der Serben, Kroaten und der bosnischen Muslime. Vor allem auf Seiten der bosnischen Serben bestehen Tendenzen zu einer Abspaltung beziehungsweise einem Anschluss an Serbien.
Das Land ist aufgeteilt in die überwiegend von bosnischen Serben bewohnte Republika Srpska und die Föderation Bosnien und Herzegowina, in der mehrheitlich muslimische Bosnier und Kroaten leben. Beide Landesteile sind durch eine schwache Zentralregierung verbunden.
Seit Langem gibt es vom Präsident der Republika Srpska, Milorad Dodik, vorangetriebene Abspaltungsbestrebungen in der Republika Srpska. Russland wird vorgeworfen, diese Bestrebungen zu unterstützen.