Brexit-Verhandlungen EU fordert Klarheit und Tempo
Kurz nach dem Start der Brexit-Gespräche gibt es Ärger. Den Vorschlag der britischen Premierministerin May zum Bleiberecht von EU-Bürgern lehnt Brüssel ab. Auch bei anderen Themen liegt man über Kreuz. EU-Chefunterhändler Barnier fand dazu deutliche Worte.
Von Kai Küstner, ARD-Studio Brüssel
In der ersten Verhandlungsrunde hatten sich noch alle einigermaßen lieb: Sowohl Briten als auch Kontinental-Europäer gaben sich am 19. Juni alle Mühe, den Beginn der Brexit-Verhandlungen nicht zu einem Fehlstart werden zu lassen. Endlos scheinendes Händedrücken und freundliche Worte dominierten das Treffen.
Die Harmonie währte nicht lange
Doch bereits in den Tagen danach zeichnete sich ab, dass es so harmonisch nicht bleiben würde: Die EU-Seite ließ schnell durchblicken, dass sie das Angebot der britischen Premierministerin Theresa May zu den Bleiberechten von EU-Bürgern auf der Insel völlig unzureichend findet. Was der EU-Chefverhandler Michel Barnier nun eindeutig bekräftigte: "Die britische Position erlaubt es nach derzeitigem Stand nicht, dass die Betroffenen ihr Leben so weiterleben wie bisher. Wir wollen, dass EU-Bürger im Vereinigten Königreich dieselben Rechte genießen wie etwa britische Staatsbürger in Spanien."
Bei Streitfragen ist der Europäischer Gerichtshof gefragt
Der Vorschlag aus London sehe aber genau das nicht vor, kritisiert Barnier. Zudem will das Königreich britisches Recht auf die EU-Bürger anwenden. Chefverhandler Barnier stellte klar, dass in Streitfragen letztlich der Europäische Gerichtshof zuständig sein müsse. Schon bei diesem Thema liegt man also bislang über Kreuz.
Dabei gilt das Thema Schutzrechte von EU-Bürgern noch nicht einmal als das mit dem größten Streitpotenzial. Viel heftiger gerungen werden dürfte zum Beispiel um die Austrittsrechnung, die die EU den Briten präsentieren wird. "Es ist unerlässlich, dass Großbritannien die Existenz finanzieller Verpflichtungen anerkennt, die sich schlicht aus jener Periode ergeben, in der das Vereinigte Königreich Mitglied der EU war", so Barnier.
Konkrete Summe noch nicht auf dem Tisch
Eine konkrete Summe hat die EU - auch aus taktischen Gründen - nie genannt. Berichten zufolge könnte sich die Rechnung jedoch auf bis zu 100 Milliarden Euro belaufen. Und dann ist da noch die hochkomplizierte Frage, wie sich eine harte Grenze zwischen der EU und Nordirland verhindern ließe. Noch weiß niemand so recht, wie hier eine Lösung aussehen könnte.
Dringlicher Appell an die Briten
Jedenfalls stellte der EU-Chefverhandler klar, dass die drei dringendsten Austritts-Fragen - Bürgerrechte, Rechnung und Nordirland-Grenze - miteinander verschweißt seien. Fortschritte bei einem oder zweien der Themen würde nicht ausreichen, um zur Frage des zukünftigen Verhältnisses zum Königreich überzugehen. Ansonsten mahnte Barnier den Briten vor allem zwei Dinge an: Klarheit und Tempo. "Wir müssen zu all diesen wichtigen Themen jetzt Auskunft bekommen über die britische Position", fordert Barnier.
Die Verhandlungen seien gut gestartet, so Barnier, jetzt beginne die harte Arbeit.