Unterhaus stimmt dagegen Johnson scheitert wieder mit Neuwahl
Eigentlich will auch die Opposition im britischen Unterhaus eine Neuwahl - dennoch ist Premier Johnson mit einem entsprechenden Antrag wieder gescheitert. Schon plant er einen neuen Anlauf - mit neuer Ausgangslage.
Es ist zum beliebten Schimpfwort geworden. Aus Sicht der britischen Regierung ist das Unterhaus zum "Zombie-Parlament" verkommen: tot, unnütz, und doch noch da - der blanke Horror. Boris Johnson will deshalb Neuwahlen durchsetzen, in der Hoffnung, eine eigene Parlamentsmehrheit zu gewinnen und wieder handlungsfähig zu werden.
Am Abend hat er seinen dritten Anlauf dazu unternommen. Sein Plädoyer im Unterhaus war ein Frontalangriff auf Labour-Chef Jeremy Corbyn: "Wenn der Oppositionsführer den Brexit nur verzögern will, wenn er noch mal den demokratischen Willen von 17,4 Millionen Menschen durchkreuzen und Demokratie in diesem Land verhindern will, dann müssen wir jetzt Wahlen haben." Da die EU die Fristverlängerung für den Brexit bis Ende Januar gebilligt hat, könne es keine Entschuldigung mehr dafür geben, Neuwahlen abzulehnen, so Johnson.
Misstrauen von Labour
Corbyn konterte im Wesentlichen mit einem Punkt - dem grundlegenden Misstrauen dem Premier gegenüber: "Wir haben einen Premierminister, der alles sagen und tun wird, um seinen Willen durchzusetzen." Das sehen auch andere Oppositionsparteien so, obwohl in der Debatte deutlich wurde, dass die Opposition weit weniger geschlossen auftritt als bisher.
Aber für die Abstimmung am Abend war das zunächst noch unerheblich. Der Antrag auf Neuwahl ist durchgefallen. Da die Labour-Abgeordneten sich enthalten haben, wurde das nötige Quorum nicht erreicht. Labour hat immer gefordert, dass erst der No-Deal-Brexit vom Tisch sein müsse, bevor die Partei einer Neuwahl zustimmen würde. Ursprünglich schien sich diese Forderung auf den 31. Oktober zu beziehen, nun will Labour aber wohl eine grundsätzliche Zusicherung, dass es keinen No-Deal-Brexit geben wird.
Brexit am Donnerstag vom Tisch
Denn das Risiko besteht immer noch - so könnte es einen No-Deal-Brexit Ende Januar geben, wenn die von der EU gewährte Fristverlängerung ausläuft oder am Ende einer Übergangsphase, wenn bis dahin kein Freihandelsabkommen mit der EU ausgehandelt ist. Was eine Neuwahl angeht, so ist mit der Abstimmung am Abend noch nichts entschieden.
Es gibt mehrere Möglichkeiten, sie durchzusetzen: Johnson kündigte an, einen Gesetzentwurf für eine Neuwahl am 12. Dezember vorzulegen. Damit dürfte am Dienstag ein weiteres Mal darüber abgestimmt werden. Dann wird aber anders als am Abend keine Zweidrittelmehrheit mehr benötigt, sondern nur eine einfache Mehrheit - wodurch die Chancen der Regierung steigen, doch noch zu einer Neuwahl zu kommen.
Bei aller Unwägbarkeit und Unsicherheit in diesem Brexit-Prozess, in einem Punkt hat der Tag Gewissheit gebracht: Der 31. Oktober wird nicht der Brexit-Tag sein. Das Vereinigte Königreich wird nicht an diesem Donnerstag die EU verlassen.