Brexit und Flüchtlingskrise Gipfel geht in die Verlängerung
Hängepartie in Brüssel: Nach einer langen Verhandlungsnacht geht es auch heute beim EU-Gipfel kaum voran. Vor allem die Brexit-Gespräche mit dem britischen Premier Cameron verlaufen zäh. Cameron besteht auf Zugeständnissen aus Brüssel.
Die erhoffte Einigung zwischen dem britischen Premierminister David Cameron und den übrigen Staats- und Regierungschefs der EU auf ein Reformpaket verzögert sich weiter. Ein für 13:30 Uhr angesetztes Mittagessen auf dem EU-Gipfel in Brüssel sei wegen weiterer bilateraler Gespräche verschoben worden, teilte der Sprecher von EU-Ratspräsident Donald Tusk mit. Bei den Beratungen in kleiner Runde sollen die Streitpunkte ausgeräumt werden, bevor alle 28 Staats- und Regierungschefs einen gemeinsamen Beschluss fassen.
Cameron erklärte nach den abgebrochenen Verhandlungen der vergangenen Nacht: "Wir haben einige Fortschritte gemacht, aber es gibt noch keine Vereinbarung. Ich werde mich nur auf eine Vereinbarung einlassen, wenn wir bekommen, was Großbritannien braucht." In der Nacht ging es nach Angaben von Diplomaten vor allem um Details, etwa wie lange es Großbritannien erlaubt werden solle, EU-Ausländern von Sozialleistungen auszuschließen.
Schulz kritisiert Cameron
EU-Parlamentspräsident Martin Schulz mahnte den britischen Premier zur Kompromissbereitschaft: "Die Methode 'Ich sage euch, was ihr mir geben müsst, damit ich hierbleibe', die funktioniert nicht." Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte in der Nacht für einen Kompromiss geworben, weil die Vorteile einer EU-Mitgliedschaft Großbritanniens viel größer seien, "als die Nachteile eines Ausscheidens wären".
Cameron will die Briten voraussichtlich im Juni über den Verbleib in der EU abstimmen lassen. Davor verlangt er eine Reihe von EU-Reformen. Umstritten ist insbesondere die Streichung von Sozialleistungen für EU-Ausländer, um die Zuwanderung nach Großbritannien zu begrenzen. Widerstand gibt es auch gegen die Forderung nach einem stärkeren Mitspracherecht bei Entscheidungen der Euro-Länder und Ausnahmen von der europäischen Bankenaufsicht.
Frankreich warnt vor zu großen Zugeständnissen
Hier wehrt sich insbesondere Frankreich gegen zu große Zugeständnisse an die Briten oder gar ein Veto. Er werde sich dafür einsetzen, dass es eine geschlossene Finanzmarktaufsicht gebe, die "über alle Plätze in Europa wacht", damit "mit denselben Organen gegen Spekulationen und Finanzkrisen gekämpft werden kann", sagte Frankreichs Staatschef François Hollande bei seinem Eintreffen im Gipfelgebäude.
Flüchtlingspolitik: EU-Treffen mit Türkei
Zumindest in einem Punkt konnten sich die Anwesenden in Brüssel einigen. In der Flüchtlingskrise soll ein Sondertreffen zwischen EU und Türkei Anfang März stattfinden. Bundeskanzlerin Merkel begrüßte die Entscheidung: "Ich bin sehr zufrieden mit der Diskussion", sagte sie am frühen Morgen. Alle Staats- und Regierungschefs hätten den Ende November gefassten EU-Türkei-Aktionsplan nicht nur bekräftigt, sondern zur Priorität bei der Umsetzung der gemeinsamen Ziele erklärt.
Am Rande des Gipfels verhandelten Merkel, Hollande und der griechische Ministerpräsident Alexis Tsipras über die Flüchtlingskrise. Griechenland steht als Ankunftsland vieler Migranten besonders im Fokus. Über mögliche Vereinbarungen wurde nichts bekannt. Brüssel hat Athen eine Frist von drei Monaten gesetzt, um Verbesserungen beim Grenzschutz zu erreichen.
Ein am Donnerstag vor dem EU-Gipfel angesetztes Treffen mit der Türkei für eine gemeinsame Linie zur Beschränkung des Flüchtlingszuzugs hatte nicht wie geplant stattfinden können. Der türkische Ministerpräsident Ahmet Davutoglu hatte seine Teilnahme nach einem Anschlag auf einen Militärkonvoi in Ankara mit 28 Toten abgesagt.
Österreich beharrt auf Obergrenze
Trotz der Bemühungen seitens der EU, nationale Alleingänge und Grenzschließungen zu verhindern, beharrt Österreich weiterhin auf einer Obergrenze von 80 Asylanträgen pro Tag. Die Regelung gilt seit heute für die Südgrenze des Landes. Im Inland können Migranten jedoch weiter Asylanträge stellen.
Jedoch will Innenministerin Johanna Mikl-Leitner diese Zahl sogar weiter reduzieren: "In weiterer Folge werden wir die täglichen Obergrenzen weiter senken müssen", sagte die Politikerin. Insgesamt soll die Zahl der Asylsuchenden im laufenden Jahr so auf höchstens 37.500 begrenzt werden - gegenüber 90.000 im vergangenen Jahr.