Pleite für Johnson Keine Neuwahlen in Großbritannien
Der britische Premierminister Johnson ist mit seinen Plänen für eine Neuwahl erneut gescheitert. Das Unterhaus wies die Pläne in der Nacht zurück - und ging danach in die Zwangspause.
Heute sind die Abgeordneten den ersten Tag in der Parlamentspause - jener Pause, die Boris Johnson beantragt hat und die mit einer Dauer von fast fünf Wochen umstritten lang ist. Aber bevor sie begann, haben die Abgeordneten noch einmal stundenlang debattiert und dem Premier noch weitere Niederlagen beigebracht.
Abgeordnete wollen Informationen
Erst ging es um die Entscheidung, dass die Regierung Dokumente herausgeben soll, die die internen Planungen zum No-Deal-Brexit offenlegen, Stichwort: "Operation Yellowhammer". "Wenn die Regierung nichts zu verbergen hat, warum verbirgt sie es dann?", wollte Labour-Chef Jeremy Corbyn wissen. Die Abgeordneten wollen diese Dokumente einsehen.
Einblick wollen sie auch in die regierungsinterne Kommunikation zum Thema Parlamentspause haben. Sollte das Unterhaus durch die lange Schließung vor dem geplanten EU-Austritt handlungsunfähig gemacht werden? Die Abgeordneten wollen wissen, ob es taktische Überlegungen dieser Art gegeben hat.
Erwartungsgemäß nicht genügend Stimmen
Dann gab es schon nach Mitternacht die Abstimmung über vorgezogene Neuwahlen: John Bercow, der Parlamentspräsident, der demnächst abtreten will, verkündete das Abstimmungsergebnis. Die Regierung bekam mit ihrem Antrag auf Neuwahlen erwartungsgemäß nicht genügend Stimmen zusammen.
Um eine Zwei-Drittel-Mehrheit zu erreichen, hätte sie die Unterstützung der Opposition gebraucht. Die aber will Johnson nicht die Möglichkeit geben, nach Neuwahlen, die er gewinnen könnte, das Gesetz gegen den No-Deal-Brexit wieder aufzuheben. Labour-Chef Corbyn erklärte: "Wir wollen Neuwahlen, aber so sehr wir sie wollen: Wir werden nicht riskieren, dass wir uns das Desaster eines No-Deals auferlegen."
Deshalb sollen Wahlen erst dann stattfinden, wenn der Premier ein Abkommen mit der EU erzielt oder aber eine Verschiebung des Brexit-Termins beantragt hat. Johnson forderte Corbyn dagegen heraus:
Wenn Sie wirklich den Brexit verzögern wollen über den 31. Oktober hinaus, dann stimmen Sie für eine Neuwahl und lassen Sie die Wähler entscheiden, ob die eine Verzögerung wollen oder nicht!
Der britische Premier Boris Johnson spricht nach der verlorenen Abstimmung im Unterhaus.
Dennoch wahrscheinlich, dass Neuwahlen kommen
Aber der Appell lief ins Leere. Einen Termin für Neuwahlen gibt es damit vorerst nicht, aber es ist ziemlich wahrscheinlich, dass sie in absehbarer Zeit kommen werden. So fängt der Wahlkampf für viele Politiker wohl jetzt schon an.
Außerdem finden in den nächsten Wochen die Parteitage statt: An diesem Wochenende sind die Liberaldemokraten dran, dann Labour, danach die Tories. Auch diese Delegiertentreffen dürften ganz im Zeichen des Brexit und der Regierungskrise stehen. Johnsons Beraterstab in der Downing Street wird die kommenden Wochen sicherlich auch nutzen, um weiter auszuloten, wie eine Verschiebung des Brexit verhindert werden kann. Am 14. Oktober kommen die Abgeordneten dann wieder zusammen - zweieinhalb Wochen vor dem Tag, der nach dem Willen von Johnson Fakten schaffen soll: der 31. Oktober.