Wahlkampf in Großbritannien TV-Schlagabtausch ohne klaren Sieger
Im ersten TV-Duell zwischen dem britischen Premier Johnson und Herausforderer Corbyn vor der Wahl im Dezember sprachen beide mehr übereinander als miteinander. Das große Streitthema war, natürlich, der Brexit.
Ob es auf Wahrheit ankomme bei dieser Wahl, will die ITV-Moderatorin Julie Etchingham wissen. "Ich finde, ja!", sagt Boris Johnson, aber das Publikum lacht über diese Aussage. Kein guter Moment für den Premier, dem vorgehalten wird, es mit der Wahrheit nicht allzu genau zu nehmen.
Böses Gelächter muss sich an anderer Stelle aber auch Johnsons Herausforderer Jeremy Corbyn anhören. Er verspricht, im Falle des Wahlsiegs den Brexit-Deal neu zu verhandeln und dann die Bevölkerung in einem zweiten Referendum darüber abstimmen zu lassen, ob das Vereinigte Königreich die EU mit diesem Deal verlassen oder aber in der EU bleiben soll.
Was Corbyn aber partout nicht preisgeben will, ist, wie er selbst bei einem solchen Referendum abstimmen würde. Stattdessen zum x-ten Mal eine ausweichende Antwort.
Eine Debatte in der dritten Person
An dem Punkt greift Johnson an und stellt in Frage, dass es Corbyn überhaupt ernst meint. Die Moderatorin fordert Johnson auf, Corbyn doch direkt anzusprechen. Aber der Premier und der Labour-Chef halten es wie bei Parlamentsdebatten und sprechen voneinander fast ausschließlich in der dritten Person, wobei sie den anderen nicht anschauen, sondern ins Publikum blicken.
Dass es um etwas geht, merkt man dennoch. Auch daran, dass es selbst der Moderatorin gegenüber mit der britischen Höflichkeit schnell vorbei ist. Die Redezeit ist festgelegt, aber Johnson überzieht regelmäßig. Fragen kommen von der Moderatorin, von Wählern, die die Fragen vorab eingereicht haben und direkt aus dem Publikum. Darunter auch diese: Wann die Brexit-Thematik endlich vom Tisch sei, möchte diese Dame wissen. Da ist Johnson in seinem Element. Mit dem neuen Brexit-Datum, dem 31. Januar, war er schon in die Sendung gestartet.
Johnson bei Brexit in seinem Element
Der Deal sei fertig und startklar, sagt Johnson. Er versucht in diesem TV-Duell, wann immer möglich, über den Brexit zu sprechen. Corbyn ist dagegen bemüht, andere Themen in den Mittelpunkt zu rücken, vor allem den NHS, den britischen Gesundheitsdienst. Eine Stunde geht das so hin und her.
Der Fernsehsender ITV startet danach eine Umfrage auf Twitter, bei der 78 Prozent Jeremy Corbyn für den Gewinner halten. Eine Blitzumfrage vom Meinungsforschungsinstitut YouGov kommt dagegen zu dem Ergebnis, dass es unentschieden ausgegangen ist. Es war das erste TV-Duell dieser Art in der britischen Geschichte, aber eine große Wende im Wahlkampf hat es wohl nicht gebracht.