Coronavirus-Pandemie Deutschland warnt vor Reisen nach Brüssel
Die Bundesregierung stuft Brüssel als Corona-Risikogebiet ein und warnt vor Reisen in die belgische Hauptstadt. Für Reisende gelten damit Test- und Quarantänepflichten. Betroffen sind aber nicht alle: Für Diplomaten gibt es Ausnahmen.
Brüssel hat sich in den vergangenen Tagen zu einem Hotspot für Corona-Infektionen entwickelt. Nun reagierte das Auswärtige Amt und weitete seine Reisewarnung für Belgien auf die Hauptstadt aus. Innerhalb von sieben Tagen habe es mehr als 50 Neuinfektionen auf 100.000 Einwohner gegeben, hieß es zur Begründung. Vor nicht notwendigen touristischen Reisen werde deshalb gewarnt.
Das Robert Koch-Institut führt die Region Brüssel als Risikogebiet. Durch diese Einstufung sind Reisende aus Brüssel ab jetzt zu einer 14-tägigen Quarantäne verpflichtet - es sei denn, sie legen einen negativen Corona-Test vor. Bereits seit Anfang des Monats warnt Deutschland vor Reisen in die Provinz Antwerpen. Alle anderen belgischen Regionen sind laut Auswärtigem Amt aufgrund niedrigerer Infektionszahlen nicht betroffen.
Sommerpause in der "EU-Hauptstadt"
Brüssel zieht zwar auch viele Touristen an, ist aber als sogenannte EU-Hauptstadt vor allem Ziel politischer Reisen. Derzeit herrscht allerdings politische Sommerpause - deshalb ist es in der Stadt verhältnismäßig ruhig. Reguläre Ministertreffen finden derzeit nicht statt, auch das Europaparlament pausiert.
Allerdings hat Deutschland, das derzeit die EU-Ratspräsidentschaft innehat, für kommende Woche zu einem informellen Treffen der Verteidigungsminister und der Außenminister der EU nach Berlin eingeladen. Dazu wollen laut der EU-Vertretung in Deutschland unter anderem der Außenbeauftragte Josep Borell, Kommissionsvizepräsidentin Margrethe Vestager, Binnenmarktkommissar Thierry Breton und Erweiterungskommissar Oliver Varhelyi anreisen.
Ausnahmen für Diplomaten
Mit einer Reisewarnung, die für alle gilt - auch für Politiker und Diplomaten -, wäre es kompliziert geworden, dieses Treffen in Berlin zu realisieren. Politiker und Mitarbeiter, die sich zuvor in Brüssel aufhielten, hätten sich bis zum Vorliegen eines negativen Testergebnisses bei der Einreise nach Deutschland in Quarantäne begeben müssen - eine große Verzögerung.
Eine Lösung ist nun, dass die Bundesländer Ausnahmen von Reisewarnungen einzeln festlegen können. In einigen Bundesländern ist es bereits jetzt so, dass Berufspendler, die sich nur kurz in einem Risikogebiet aufhalten, nicht unter die Quarantäneregelung fallen. Andere Bundesländer erlauben Ausnahmen für bestimmte Personengruppen.
Kurz vor Bekanntgabe der neuen Reisewarnung für Brüssel passten mehrere Bundesländer ihre Ausnahmeregelungen an. Nun umfassen die Ausnahmen auch Diplomaten und Menschen, deren Tätigkeit für die "Funktionsfähigkeit" europäischer Institutionen notwendig ist. Entwarnung also für das informelle Ministertreffen in Berlin.
Nicht ausgenommen von der Quarantäneregelung sind allerdings bereits akkreditierte Journalisten, die ebenfalls aus Brüssel anreisen. Sie müssen sich nun um einen negativen Test bemühen. In Brüssel sind die Testkapazitäten für freiwillige Tests kommende Woche aber in fast allen Einrichtungen bereits erschöpft.
Das Zögern Berlins
Kurz vor Veröffentlichung der Reisewarnung hatte die ARD berichtet, dass die Bundesregierung zögere, Brüssel zum Risikogebiet zu erklären. Möglicherweise hing die Zurückhaltung mit dem geplanten Ministertreffen zusammen. Auf Anfrage wollte das Auswärtige Amt dies nicht bestätigen.
Das nächste reguläre Ministertreffen in Brüssel ist derzeit für den 21. und 22. September angesetzt. Dann soll Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner auf ihre Kolleginnen und Kollegen der anderen EU-Staaten treffen, um über die gemeinsame Agrarreform zu verhandeln. In derselben Woche soll zudem ein EU-Sondergipfel stattfinden. Dann müsste also auch Bundeskanzlerin Angela Merkel wieder nach Brüssel reisen - es sei denn, der Gipfel wird als Videokonferenz durchgeführt. Die nächste Plenarsitzung des Europaparlaments ist Mitte September, allerdings im französischen Straßburg.