Lösungssuche in Ukraine-Krise EU-Gipfel stellt Moskau Ultimatum
Die EU will, dass Russland bis Montag für Entspannung in der Ostukraine sorgt. Die Staats- und Regierungschefs drohten mit "bedeutenden" Sanktionen. Zuvor hatte die Ukraine den wirtschaftlichen Teil des EU-Assoziierungsabkommens unterzeichnet.
Die Europäische Union hat Russland aufgefordert, bis Montag für eine Entschärfung der Lage in der Ostukraine zu sorgen. Andernfalls könnten neue "bedeutende" Sanktionen verhängt werden, erklärten die Staats- und Regierungschefs in Brüssel. Sie könnten jederzeit wieder zusammentreten, um "weitere bedeutsame restriktive Maßnahmen" zu beschließen.
Gefordert werden die Freilassung weiterer OSZE-Beobachter, der Beginn von Verhandlungen über den Friedensplan des ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko, die Rückgabe von drei Grenzposten an die Ukraine und eine Einigung auf eine Kontrolle der Waffenruhe sowie der ukrainisch-russischen Grenze unter Aufsicht der OSZE.
Poroschenko sagte nach den Beratungen: "Die gesamte EU zeigt sich solidarisch mit der Ukraine." Um ausreichend Verhandlungsspielraum zu haben, strebt er an, die um 21.00 Uhr (MESZ) auslaufende Feuerpause um weitere 72 Stunden zu verlängern. Die Donezker Separatisten erklärten sich zu einer Verlängerung bis Montag bereit. In der Ukraine gab es trotz Feuerpause weitere Kämpfe. Zehntausende Menschen sind inzwischen geflohen.
Assoziierungsabkommen unterzeichnet
Trotz der andauernden Spannungen mit Russland hatte die EU zuvor Assoziierungsabkommen mit der Ukraine, aber auch mit Georgien und der Republik Moldau geschlossen. "Zukünftige Generationen in Ukraine, Moldau und Georgien werden sich an diesen Tag erinnern", sagte EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy und sprach von einem "großen Tag für Europa".
Poroschenko unterzeichnete den wirtschaftlichen Teil des Abkommens, nachdem der politische Teil schon auf dem vorläufigen Höhepunkt der Ukraine-Krise im März unter Dach und Fach gebracht worden war. Dies sei "ein historischer Tag, der wichtigste seit der Unabhängigkeit" der Ukraine, sagte er. Das Abkommen gebe seinem Land "eine vollkommen neue Perspektive".
Poroschenkos Kollegen aus Georgien und der Republik Moldau unterschrieben ähnliche Abkommen. "Das sind Meilensteine in der Geschichte unserer Beziehungen", sagte Van Rompuy.
Die Ukraine hatte ein entsprechendes Abkommen bereits im vergangenen November unterzeichnen wollen. Der damalige Präsident Viktor Janukowitsch stoppte das Vorhaben aber auf Druck aus Russland.
Russland droht Konsequenzen an
Die Regierung in Moskau drohte mit "ernsten Konsequenzen". Die Folgen der Unterzeichnung für die Ukraine und die Republik Moldau würden "sicherlich ernst sein", sagte Vize-Außenminister Grigori Karasin. Allerdings dürfe jeder souveräne Staat selbst über solche Verträge entscheiden.
Van Rompuy und EU-Kommissionschef José Manuel Barroso betonten dagegen, dass sich die Abkommen nicht gegen Russland richteten. Georgien und die Republik Moldau hatten ihre Assoziierungsabkommen im November paraphiert. Auch sie standen nach dem Zerfall der Sowjetunion schon in Konflikten mit Russland: Im Falle Moldaus geht es um das abtrünnige Gebiet Transnistrien, das Russland politisch und wirtschaftlich unterstützt. In Georgien hatten sich die Gebiete Abchasien und Südossetien losgesagt, was 2008 zu einem Krieg führte, in den russische Truppen eingriffen.
Die Vereinbarungen stärken die wirtschaftlichen und politische Beziehungen zu den 28 EU-Ländern. Sie sehen unter anderem eine Zusammenarbeit bei Handel und Energie vor, verstärken die Kooperation in der Außenpolitik und sollen eine unabhängige Justiz sowie den Kampf gegen Korruption fördern. Mit ihnen verknüpfte Freihandelsabkommen geben den Ländern einen verbesserten Zugang zum EU-Markt mit seinen 500 Millionen Verbrauchern.
Bedrohung für Moskau?
Die Assoziierungsabkommen sind Teil der 2009 ins Leben gerufenen "Östlichen Partnerschaft" der EU, die ursprünglich auch auf Staaten wie Weißrussland zielte. Russland sieht diese Politik jedoch zunehmend als Bedrohung seiner traditionellen Einflusssphäre.
Als Gegenentwurf hat der russische Präsident Wladimir Putin mit seinen Kollegen aus Weißrussland und Kasachstan im Mai eine "Eurasische Wirtschaftsunion" aus der Taufe gehoben. Mit ihr soll ab Januar eine bereits bestehende Zollunion erweitert werden.