Umwandlungsprozess in Ägypten EU fordert Reformen und freie Wahlen
Die EU unterstützt die Opposition in Ägypten: Bei einem Treffen forderten die EU-Außenminister demokratische Reformen und freie Wahlen. Eine Rücktrittsforderung an Präsident Mubarak fand keine Mehrheit. Beschlossen wurde, die Konten von Tunesiens Ex-Präsident Ben Ali einzufrieren.
Von Martin Bohne, MDR-Hörfunkstudio Brüssel
Die EU hat sich viel klarer als bisher hinter die Demokratiebewegung in Ägypten gestellt, ohne aber mit dem Mubarak-Regime zu brechen. Die Außenminister forderten die ägyptische Regierung auf, einen geordneten Übergang zur Demokratie einzuleiten, bis hin zu freien und fairen Wahlen. Als erster Schritt müsse eine neue Regierung auf breiter Basis gebildet werden.
Die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton rief Staatschef Hosni Mubarak zu umgehenden Verhandlungen mit der Opposition auf: "Wir haben gesagt, dass es absolut notwendig ist, dass die Regierung in einen offenen, freien und direkten Dialog mit den Oppositionsparteien und der Zivilgesellschaft eintritt. Dass sie darauf hört, was die Leute sagen und dass sie darauf reagiert." Bundesaußenminister Guido Westerwelle verwies auf die Grundwerte der EU: Man stehe "an der Seite derer, die gegenwärtig für die Demokratie kämpfen und für die Meinungs- und Pressefreiheit eintreten".
Minderheit rückt von Mubarak ab
Die EU geht aber nicht soweit, einen Rücktritt Mubaraks zu fordern. Nur eine Minderheit unter den Außenministern machte sich für ein offenes Abrücken von Mubarak stark. Ashton hingegen lehnte eine Einmischung von außen ab: Die ägyptische Bevölkerung müsse selbst darüber entscheiden, wie dieser Prozess abläuft.
Hinter dieser Vorsicht steckt auch die Angst, dass die Entwicklung den islamistischen Kräften in die Hände spielen könnte. "Wir wollen nicht, dass diejenigen die selber radikales Gedankengut und Unfreiheit predigen, zu einer Macht kommen, die dann wiederum selber in Unterdrückung und Intoleranz enden würde", sagte Westerwelle. Auf keinen Fall, so der deutsche Außenminister, dürfe die Region destabilisiert werden.
Die EU will dieser Gefahr entgegenwirken, indem sie Ägypten beim Umwandlungsprozess umfassende Hilfe anbietet. Westerwelle nannte eine "Transformationspartnerschaft": Hier gehe es um die gezielte Unterstützung zum Beispiel beim Aufbau des Justizwesens und des Bildungssektors, bei der Vorbereitung der demokratischen Prozesse wie Wahlen und natürlich die Freiheit von Medien.
Keine Bereitschaft zur Selbstkritik
Die EU hat das autoritäre und korrupte Mubarak-Regime über Jahrzehnte gestützt - als verlässlichen Pfeiler im Nahostkonflikt, ebenso das Ben-Ali-Regime in Tunesien. Jetzt steht die EU dafür stark in der Kritik. Zu einer selbstkritischen Aufarbeitung dieser gescheiterten Politik waren die Außenminister noch nicht bereit. Es sei wichtiger, jetzt nach vorn zu blicken, blockte Westerwelle die Diskussion ab.
Nur vereinzelte Stimmen forderten ein Umdenken, so der luxemburgische Außenminister Jean Asselborn: "Wir haben ein wenig vergessen, dass Menschen da leben, die auch Demokratie wollen - die mitbestimmen wollen. Ich hoffe, dass wir in der EU, in allen 27 Ländern das verstanden haben."
Konten des Ben-Ali-Regimes eingefroren
Wie schwer dieses Umdenken fällt, zeigte der Beschluss der Außenminister zu Tunesien. Zwar wurden die Konten von Ex-Präsident Ben Ali und seiner Familie gesperrt. Zu einem Einreiseverbot für den gestürzten Diktator konnten sich die Außenminister aber nicht durchringen.