EU-Ukraine-Gipfel Warme Worte für Poroschenko
Die EU-Spitzen haben dem ukrainischen Präsidenten Poroschenko beim Thema Wegfall der Visapflicht Hoffnung gemacht: Möglichst bis Jahresende sollen letzte Fragen geklärt sein. Wichtiges Thema der Gespräche war auch der künftige US-Präsident.
Der künftige US-Präsident Donald Trump war beim EU-Ukraine-Gipfel selbstredend körperlich nicht anwesend. Aber eine nicht unwichtige Rolle spielte er doch: Hatte Trump doch im Wahlkampf Zweifel an der unverbrüchlichen US-Treue zur Ukraine gesät und sogar angedeutet, dass man über eine Anerkennung der russischen Krim-Annexion nachdenken könne.
Sowohl EU-Ratspräsident Donald Tusk als auch der ukrainische Präsident Petro Poroschenko telefonierten in den Tagen mit dem künftigen Mann im Weißen Haus: "Ich hasse es, Einzelheiten des Gesprächs preiszugeben. Aber ich hatte die Chance, ihm sehr detaillierte Informationen zur Lage im Osten meines Landes und auf der Krim zu geben", berichtete Poroschenko.
Und EU-Ratspräsident Tusk plauderte aus, dass auch er mit Trump über die Lage in der Ukraine geredet habe: "Seine Reaktion war sehr allgemein. Nicht sehr detailliert. Aber vielversprechend - verglichen mit einigen Ankündigungen in der Wahlkampfzeit."
Angst vor Trumps Russlandpolitik
Nicht nur EU-Mitglieder wie Polen oder Balten fürchten, dass ein möglicher Pakt zwischen Trump und seinem russischen Amtskollegen Wladmir Putin auf Kosten ihrer Sicherheit gehen könnte. Die Ukrainer treibt dieselbe Sorge um. Umso sehnlicher wünscht sich Kiew die EU als verlässlichen Partner an seiner Seite. Und umso dringlicher war es also beiden Parteien ein Anliegen, mithilfe des Gipfel-Treffens öffentlich ihre gegenseitige Freundschaft zu unterstreichen.
"Wir sind sehr zufrieden mit der Qualität und dem Tempo des Reformprozesses in der Ukraine. Das Land liefert", lobte EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker. Gerne hätte Poroschenko als Gegenleistung seinen Landsleuten das Geschenk des visafreien Reisens in die EU schon von diesem Gipfel mit nach Hause gebracht.
Wegfall der Visapflicht - es geht noch um Details
Doch daraus wird vorerst nichts: Grundsätzlich ist diese Visumsfreiheit zwar beschlossene Sache. Doch die EU-Mitgliedstaaten wollen, dass vor dem Inkrafttreten erst noch ein Notfall-Mechanismus eingebaut wird, der es ihnen ermöglicht, den Visumszwang in Ausnahmefällen jederzeit wieder einführen zu können. Darüber wird innerhalb der EU noch verhandelt:
"Wir alle hoffen, dass wir diesen Prozess noch in diesem Jahr abschließen können. Das ist realistisch und vorsichtig optimistisch", ergänzte Tusk. Noch ein weiteres Anliegen trug der ukrainische Gast vor: Poroschenko warb dafür, dass die Sanktionen gegen Russland von EU-Seite verlängert werden. "Die Sanktionen sind an die Umsetzung des Minsk-Abkommens gekoppelt. Das ist immer noch so", erinnerte Tusk stellvertretend für die EU-Seite.
Minsker Abkommen noch lange nicht umgesetzt
Von einer Umsetzung des Waffenstillstandsabkommens für die Ostukraine kann jedoch bislang keine Rede sein. Bleibt das so, müssten die EU-Staaten die für Moskau durchaus schmerzhaften Maßnahmen also im Dezember verlängern. Während also Tusk davon ausgeht, dass die Entscheidung ohne größere Diskussionen gefällt wird, ist es doch kein Geheimnis, dass einige in der EU, weil sie sich mit den Sanktionen eben wirtschaftlich auch selbst wehtun, diese gerne loswerden würden.
Völlig offen ist auch, wie ein US-Präsident Trump künftig mit den amerikanischen Strafmaßnahmen umgeht. Aus ukrainischer Sicht dürften die Sanktionen also zum Testfall dafür werden, wie treu der Westen wirklich an der Seite der Menschen im Land steht.