Unterstützung der EU-Regierungschefs Barroso darf auf zweite Amtszeit hoffen
Einmütig haben sich alle 27 Staats- und Regierungschefs der EU für eine Wiederwahl von Kommissionspräsident Barroso eingesetzt. Bundeskanzlerin Merkel fordert eine Entscheidung des EU-Parlaments noch im kommenden Monat, doch dort stellt sich auf die Bremse.
Von Martin Bohne, MDR-Hörfunkstudio Brüssel
Am Ende war die Entscheidung einstimmig. Alle Regierungschefs, also auch die sozialdemokratischen, stellten sich hinter José Manuel Barroso. Der konservative Politiker aus Portugal soll für weitere fünf Jahre an der Spitze der EU-Kommission stehen.
Barroso selbst zeigte sich danach stolz der Presse und erklärte: "Ich habe ein sehr ehrgeiziges Programm vorgelegt und gezeigt, dass wir mehr Europa brauchen und nicht weniger. Da sagten die Staats- und Regierungschefs, ja, wir brauchen mehr Europa und wir werden das zusammen tun."
Merkel drückt auf Tempo...
Vorläufig handelt es sich bei der Unterstützung für Barroso aber nur um eine Absichtserklärung. Die Regierungschefs wollen vor einer formalen Entscheidung erst das gerade neu gewählte Europäische Parlament konsultieren, das der Personalie zustimmen muss. Das soll aber so schnell wie möglich gehen, auch Bundeskanzlerin Merkel drückt aufs Tempo: "Europa muss handlungsfähig sein und kann jetzt nicht monatelang eine Hängepartie haben. Deshalb werben wir dafür, dass das Europäische Parlament schon im Juli bereit ist, sich mit dieser Personalie zu befassen."
... doch das Parlament bremst
Im Parlament formiert sich aber Widerstand. Die in den Wahlen haushoch unterlegenen Sozialdemokraten wollen gemeinsam mit den Grünen durchsetzen, dass der neue Kommissionspräsident erst im Herbst, zusammen mit der gesamten Kommission, gewählt wird. Sie hoffen, dass dann schon der Vertrag von Lissabon gilt, der dem Parlament mehr Einfluss gibt. Zudem könnte der von den Linken ungeliebte Barroso bis dahin verbrannt sein.
Einigung auf Krisen-Frühwarnsystem
Zu einer Einigung kam der Gipfel auch bei einem Punkt, der Merkel besonders am Herzen lag: die Stärkung der Finanzaufsicht in Europa. Vorgesehen ist ein Rat für Systemrisiken, der frühzeitig vor neuen Verwerfungen in der Bankenlandschaft warnen soll. Außerdem sollen EU-Aufsichtsbehörden für grenzüberschreitend tätige Finanzinstitute geschaffen werden. Das Tagesgeschäft verbleibt bei den nationalen Aufsichtsgremien.
Bis Herbst soll ein konkrete Gesetzesvorschlag auf dem Tisch liegen. "Dazu ist für mich wichtig, dass wir bindende gemeinsame europäische Regeln haben und dass die Institute, die transnational arbeiten dann auch durch Kollegien von Aufsehern und im Zweifelsfalle auch durch Schiedsverfahren geregelt werden", sagte Merkel, "das wäre ein großer qualitativer Fortschritt und ein Beitrag, dass sich eine solche Krise nicht wiederholen kann."
Brown besteht auf nationaler Zuständigkeit
Nicht alle waren glücklich damit, dass die europäische Ebene Vorrang vor den einzelstaatlichen Behörden haben kann. Und es gibt auch eine gewichtige Einschränkung, die vor allem der britische Premier Brown durchgesetzt hat. Dieser betonte: "Geht es um den Einsatz von Steuergeldern, etwa zur Rettung einer Bank, bleibt letztlich die nationale Regierung zuständig."
"Peinliches Gezerre" um den Klimaschutz
Einen Minimalkonsens gab es auch in Sachen Klimaschutz. Die EU ist bereit, Klimaschutzmaßnahmen in den armen Ländern mit Milliardensummen zu unterstützen. Das gilt als Voraussetzung für ein neues Weltklima-Abkommen, das bis Jahresende in Kopenhagen ausgehandelt werden soll.
Offen bleibt aber die Höhe der Zahlungen und auch wie die Lasten innerhalb der EU verteilt werden. Hier stellen sich die Polen quer. Weil sie viele Kohlekraftwerke mit hohen Schadstoffemissionen haben, wollen sie nicht, dass sich die Zahlungen eines Landes auch nach dem Kohlendioxid-Ausstoß bemessen. Der dänische Ministerpräsident Rasmussen, der Gastgeber der Klimakonferenz, sprach von einem peinlichen Gezerre.