Außenministertreffen in Brüssel Sorge um EU-Bürger in Libyen
Während die Lage in Libyen weiter eskaliert, haben in Brüssel die EU-Außenminister getagt. Dabei ist umstritten, wie sich die Europäer gegenüber dem libyschen Machthaber verhalten sollen. Je näher die Staaten geografisch an Libyen liegen, desto sachtere Töne schlagen sie an.
Von Katrin Brand, WDR-Hörfunkstudio Brüssel
Brüssel ist in Sorge um die EU-Angehörigen in Libyen und bereitet sich - gedanklich zumindest - darauf vor, Menschen auszufliegen. Außenminister Guido Westerwelle forderte in Libyen lebende Deutsche auf, das Land zu verlassen. Auch viele international tätige Unternehmen wollen ihre Mitarbeiter zurückrufen. Noch wird geraten, reguläre Flüge zu nutzen, doch die EU-Regierungen sind dabei, sich für weitere Schritte abzustimmen, hieß es jetzt in Brüssel.
Auch Bahrain im Blick
Einig sind sich die Außenminister der EU in ihrer Ablehnung von Gewalt gegen Demonstranten. Außenstaatsminister Werner Hoyer, der Minister Westerwelle vertrat, sprach von Gewaltexzessen in Libyen und einer besorginserregenden Entwicklung in Bahrain: "Die Gewalt muss ein Ende haben und das Recht auf Meinungsäußerung und Demonstration muss gewährleistet sein."
Noch mehr Flüchtlinge aus dem Maghreb?
Sehr kontrovers wurde und wird unter den Ministern diskutiert, wie sich die EU konkret gegenüber Libyen verhalten soll. Die Regierung hatte gedroht, sie werde die Zusammenarbeit in der Flüchtlingspolitik aufkündigen, sollte sich die EU nicht an die Seite von Machthaber Gaddafi stellen.
Libyen nimmt derzeit afrikanische Flüchtlinge auf, die zum Beispiel aus Italien zurückgeschickt werden. Wie viele Menschen dort interniert sind oder auf Flucht in die EU hoffen, ist nicht bekannt, es könnten Zehntausende sein.
"Keine Erpressung" durch Gaddafi
Deutschland reagierte scharf auf die Drohung: "Das ist eine unglaubliche Entgleisung", sagte Außenstaatsminister Hoyer, "die EU darf sich hier nicht erpressen lassen".
Andere Kollegen, wie Finnlands Außenminister Alexander Stubb waren vorsichtiger. Die EU kenne Gaddafi, "da kann alles passieren". Er verstehe deshalb völlig die Sorge Italiens und Maltas, den Nachbarn von Libyen. Das seien Probleme, die die EU in den nächsten Tagen angehen müsse.
Italien wirbt für Zurückhaltung
Italiens Außenminister Franco Frattini warnte die EU davor, sich in Libyen einzumischen. Das Land müsse selbst eine nationale Versöhnung beginnen und sein Territorium zusammenhalten. Er sei sehr besorgt über das Islamische Emirat, das in Bengasi ausgerufen wurde. "Können Sie sich vorstellen, ein islamisches Emirat an der Grenze zu Europa zu haben? Das wäre eine ernsthafte Bedrohung", so Frattini in Brüssel.
Hilfen für Tunesien und Ägypten
Die Außenminister berieten bei ihrem Treffen außerdem, wie sie Ägypten, Tunesien und andere Staaten auf dem Weg in die Demokratie unterstützen könnten. Die Menschen dort hätten nicht nur nach Freiheit und Demokratie gerufen, sondern auch nach Brot und wirtschaftlicher Perspektive. "Das heißt, wir müssen die teilweise sehr gut ausgebildete Bevölkerung Tunesiens mit der Möglichkeit versehen, in Kontakt mit der EU zu sein", sagte Außenstaatsminister Hoyer. Entsprechend müsse die EU über Visa-Erleichterungen nachdenken.
Nach dem Treffen machte sich Catherine Ashton, die Außenbeauftragte der EU, zum ersten Mal auf den Weg nach Ägypten.