Die Europawahl in Österreich Im Namen des Christentums auf Wählerfang
Mit einem "Kreuzzug" gegen fremde Kulturen ist die ultrarechte FPÖ in den österreichischen Wahlkampf gezogen. Mit dem Slogan "Abendland in Christenhand" versucht Parteichef Strache Stimmen zu fangen.
Von Andrea Mühlberger, ARD-Hörfunkstudio Wien
Der Ausbau eines islamischen Zentrums in Wien-Brigittenau wird im EU-Wahlkampf zum Politikum. Während sich Gegner und Befürworter des Projekts bei mehreren Demonstrationen übel beschimpfen, nützt der Parteichef der ultrarechten Freiheitlichen, Heinz Christian Strache, die Gelegenheit für Werbung in eigener Sache. Er hält ein Kreuz in die Höhe mit dem Schlachtruf der Freiheitlichen für die Europa-Wahl: "Abendland in Christenhand".
Einmal mehr gerät ein Wahlkampf in der Alpenrepublik zum Kulturkampf. Doch dieser "Kreuzzug der Freiheitlichen gegen nichtchristliche Religionsgemeinschaften" geht inzwischen vielen im Land zu weit. Angefangen bei Glaubensvertretern, politischen Parteien bis hin zum Staatsoberhaupt Heinz Fischer. Der Bundespräsident äußert sich entsetzt über so wenig religiöse Toleranz: "Das mit dem Kreuz hat es zur Zeit der Inquisition gegeben, aber das ist nicht Inhalt der Politik in einer Demokratie im 21. Jahrhundert."
Strache will nur "Dinge beim Namen nennen"
Und das ausgerechnet in einem Land, das eigentlich sein multi-kulturelles Erbe aus Zeiten der Donau-Monarchie verwalten sollte. Österreichs sozialdemokratischer Kanzler Werner Faymann sieht in Strache nur noch den Hassprediger. "Wer religiöse Gefühle einsetzt, um Hasstiraden zu Stande zu bringen, der ist auf der falschen Seite. Und ich betrachte das als eine Schande für einen Politiker."
"Wenn wir Freiheitlichen Dinge beim Namen nennen, dann geht der Kochtopf hoch in dieser Republik, dann springt der Herr Bundeskanzler höchstpersönlich wie ein Rumpelstilzchen auf", hält der "Kreuzritter" aus dem ultrarechten Lager kämpferisch dagegen. Schließlich haben bei der Parlamentswahl im Herbst gut über 17 Prozent der Wähler Strache und seinen "Kulturkampf" unterstützt, der nicht nur anti-islamisch, sondern auch anti-semitisch gefärbt ist.
FPÖ spricht sich gegen EU-Beitritt aus
Während in ganz Österreich die Empörung immer noch groß ist über jugendliche Neonazis, die im ehemaligen Konzentrationslager Ebensee KZ-Überlebende bei einer Gedenkveranstaltung anpöbelten und zu Tode erschreckten, zeigt der FPÖ-Chef fast schon väterliches Verständnis für die "Lausbuben". "Man soll doch nicht bei jugendlichen Buben mit einer Atombombe auf Spatzen werfen. Die gehören an den Ohren gezogen, mit denen gehört Klartext geredet, aber doch bitte nicht wochenlang in U-Haft genommen", forderte Strache beim letzten Parteitag der FPÖ in Linz, auf dem er mit über 97 Prozent der Delegiertenstimmen als Parteichef bestätigt wurde. Damit fuhr er das beste Ergebnis seiner Karriere ein.
Wie Strache und seine Freiheitlichen sich ihr "Abendland in Christenhand" vorstellen, wurde jetzt in Zeitungsinseraten deutlich. Darin spricht sich die FPÖ klar gegen einen EU-Beitritt der Türkei, aber auch gegen eine Mitgliedschaft Israels aus, obwohl Israel bisher keinen solchen Antrag gestellt hat. Man dürfe das aber keinesfalls mit Antisemitismus verwechseln, verteidigt der FPÖ-Chef die Inserate. Im Gegenteil, er verwahre sich dagegen. "Es geht darum, dass wir ganz klar und deutlich sagen, Europa hat an den geografischen, historischen und kulturellen Grenzen halt zu machen."
Parlamentsparteien geschlossen gegen FPÖ-Tiraden
Selbst dem ultra-nationalistischen EU-Spitzenkandidaten des BZÖ, Ewald Stadler, geht diese "Israel-Warnung" der Freiheitlichen zu weit. Bisher hat der umstrittene Kreuzzug der FPÖ im EU-Wahlkampf vor allem die Parlamentarier auf den Plan gerufen. Im Nationalrat musste Strache sich für die "Entgleisungen gegen den antifaschistischen Grundkonsens in Österreich" durch seine Partei verantworten. Kanzler Faymann betonte dabei, dass Strache gezielt Vorurteile ansprechen wolle, um damit Politik zu machen. "Es freut mich, dass sich dieses Mal alle anderen Parlamentsparteien zu Wort gemeldet haben. Mit unserer Courage müssen Sie in Zukunft rechnen, Herr Strache!" Doch mindestens bis zur EU-Wahl am Sonntag dürfte in der Alpenrepublik mit harten Bandagen weitergekämpft werden.