Nach Tod Nawalnys Außenamt bestellt russischen Botschafter ein
Nach dem Tod Alexej Nawalnys hat das Außenministerium in Berlin den russischen Botschafter einbestellt. Offenbar plant die EU neue Sanktionen. Die Witwe des Kremlkritikers will dessen Arbeit fortsetzen.
Die Bundesregierung hat nach dem Tod des Kremlkritikers Alexej Nawalny den russischen Botschafter einbestellt. Es sei erschütternd, dass Präsident Wladimir Putin versuche, die eigene Bevölkerung mundtot zu machen, sagte eine Sprecherin des Auswärtigen Amtes in Berlin.
Freilassung aller politischen Gefangenen gefordert
Die politisch motivierten Verfahren gegen Nawalny sowie gegen zahlreiche weitere Kritiker der russischen Regierung und die unmenschlichen Haftbedingungen zeigten, wie brutal die russische Justiz gegen Andersdenkende vorgehe und mit welchen Mitteln Putin die Meinungsfreiheit in Russland unterdrücke, sagte die Sprecherin. "Wir verurteilen dies auf das Allerschärfste und fordern ausdrücklich die Freilassung aller in Russland aus politischen Gründen Inhaftierten."
Die Bundesregierung forderte Russland auf, den Leichnam Nawalnys an die Familie zu übergeben, wie Regierungssprecher Steffen Hebestreit ergänzte. Sowohl Bundeskanzler Olaf Scholz als auch Außenministerin Annalena Baerbock hätten ein Gespräch mit Nawalnys Witwe Julia geführt. Es müsse eine unabhängige Untersuchung zur Todesursache des Oppositionspolitikers geben.
Weitere Sanktionen geplant
Angesichts der jüngsten Welle von Festnahmen sagte Hebestreit, ein straffreies Gedenken sollte das Mindeste sein. Es würden sogar Menschen verhaftet, die für Nawalny Blumen niederlegen wollten. "Unser Respekt gilt allen mutigen Menschen in Russland, die sich trotz schärfster Repressionen für Demokratie und Freiheit einsetzen."
Hebestreit ergänzte, Baerbock habe auf EU-Ebene weitere Sanktionen gegen Russland vorgeschlagen. Dies werde man mit den anderen Staaten besprechen. Putin lasse jeden Respekt vor menschlichem Leben vermissen. Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell sagte vor einem Treffen der EU-Außenminister in Brüssel, EU-Sanktionen, die Verstöße gegen die Menschenrechte ahnden, sollen künftig den Namen Nawalnys tragen.
Witwe will Arbeit Nawalnys fortsetzen
Auch Julia Nawalnaja, die Witwe des Oppositionsführers, meldete sich zu Wort. In einer Videobotschaft erklärte sie, sie werde das Werk ihres Mannes fortsetzen und für ein freies Russland kämpfen. "Ich will in einem freien Russland leben, ich will ein freies Russland aufbauen", sagte Nawalnaja. Sie erhob schwere Vorwürfe gegen den russischen Machthaber: "Wladimir Putin hat meinen Mann getötet."
Mutter hat weiter keinen Zugang zu Leichnam
In Russland warten Nawalnys Mutter und dessen Anwälte weiter darauf, endlich den Leichnam sehen zu dürfen. Wie Nawalnys Sprecherin Kira Jarmysch mitteilte, wurde Ljudmila Nawalnaja nicht in die Leichenhalle in der nordrussischen Stadt Salechard gelassen. "Auf die Frage, ob sich dort Alexejs Körper befindet, antworten die Mitarbeiter nicht", schrieb Jarmysch auf dem Nachrichtendienst X. Einer der Anwälte sei buchstäblich aus der Leichenhalle hinausgestoßen worden.
Im Ermittlungskomitee sei der Mutter und den Anwälten gesagt worden, dass die Untersuchung des Todes Nawalnys verlängert worden sei, so Jarmysch. "Wie lange sie noch dauert, ist nicht bekannt." Angehörige und das Team Nawalnys fordern den russischen Machtapparat seit Tagen zur Herausgabe der Leiche auf. Nawalnys Mutter hatte bereits am Samstag vergeblich die Leichenhalle aufgesucht, um die sterblichen Überreste ihres Sohnes in Empfang zu nehmen.