Vorschlag der EU-Kommission Kommt der EU-weite Behindertenausweis?
In der EU leben rund 80 Millionen Menschen mit einer Behinderung. Der Schwerbehindertenausweis sichert den Betroffenen Hilfen und Vergünstigungen zu, die allerdings an den Landesgrenzen aufhören. Nun verspricht Brüssel, eine EU-weite Version einzuführen.
Ein Gesetzesvorschlag der EU-Kommission sei überfällig, sagt die Europaparlamentarierin Katrin Langensiepen. Als stellvertretende Vorsitzende im Parlamentsausschuss für soziale Angelegenheiten drängt sie auf mehr Tempo.
Mehr als nur ein Symbol
Besonders wichtig ist der Grünenpolitikern dabei, dass der europäische Behindertenausweis mehr wird als nur ein symbolisches Dokument - er solle im Ausland nicht nur für Kino und Freizeit genutzt werden könne, fordert Langensiepen. Menschen mit einer Behinderung sollten den Ausweis auch im Mobilitätsbereich nutzen können. Ihre Hauptforderung:
Ich kann zum Beispiel in Straßburg, in Brüssel mit diesem Ausweis und meiner Begleitperson Bus fahren. Am besten wäre natürlich grenzüberschreitend Bahn fahren.
Pilotprojekt in mehreren Mitgliedsstaaten
Derzeit laufe noch ein Pilotprojekt in mehreren Mitgliedsstaaten. Außerdem würden auch die Erfahrungen mit dem bereits geltenden EU-Parkausweis für Menschen mit Behinderung in den geplanten Gesetzentwurf einfließen, lässt die zuständige EU-Kommissarin Helena Dalli auf Anfrage schriftlich mitteilen. Ziel sei es, dass der Behindertenstatus in allen Mitgliedstaaten gegenseitig anerkannt wird.
Dabei geht es laut Dalli um Aufenthalte bis zu drei Monaten. Der Europäische Behindertenausweis solle in dieser Zeit seinen Inhabern den gleichen Zugang zu den jeweils angebotenen Dienstleistungen wie Kultur, Freizeit, Sport und Verkehr ermöglichen.
Hilfen unterscheiden sich bislang in EU-Ländern
Zu beachten sei dabei, dass die Hilfen für Menschen mit Behinderung sich von Land zu Land unterscheiden. Welche Hilfen die einzelnen EU-Mitgliedsstaaten gewähren, bleibt vom europäischen Behindertenausweis unbeeinflusst.
Das betrifft auch eine ermäßigte oder kostenlose Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel. So können Menschen mit Behinderung bei den österreichischen Bundesbahnen beispielsweise nur an ihrem Geburtstag kostenfrei reisen. Ansonsten beträgt die Ermäßigung 50 Prozent.
Ein zusätzliches Dokument
Der EU-weite Behindertenausweis könne deshalb auch nur ein erster Schritt sein, Menschen mit Behinderungen ihr Recht auf EU-Freizügigkeit zu garantieren, meint die EU-Abgeordnete Katrin Langensiepen. Sie ordnet ein: "Er soll ein zusätzlicher Ausweis werden zu diesen nationalen Ausweisen." Das sei natürlich angesichts der vielfältigen Situationen von Menschen mit Behinderung in der EU nicht so einfach.
Kommt der Ausweis im nächsten Frühjahr?
Bis zum Herbst will die EU-Kommission eine so genannten Folgeabschätzung über die konkreten Auswirkungen der Gesetzesinitiative fertigstellen. Voraussichtlich im November wird der Vorschlag dann auf dem Tisch liegen, über den danach das EU-Parlament und der Rat der 27 Mitgliedsländer verhandeln. Wenn alles planmäßig läuft, könnte der EU-Behindertenausweis noch vor den Europawahlen im nächsten Frühjahr tatsächlich beschlossene Sache sein.