Inhaftierte belarusische Oppositionelle Kolesnikowa "in kritischem Zustand"
Maria Kolesnikowa gilt als Symbolfigur des Widerstands gegen den belarusischen Machthaber Lukaschenko. Seit vier Jahren sitzt sie inzwischen in Haft. Ihre Schwester sagt, dort werde sie nicht mehr lange überleben.
Die inhaftierte belarusische Oppositionsführerin Maria Kolesnikowa befindet sich nach Angaben ihrer Schwester in einem kritischen Gesundheitszustand. Immer wieder weist Tatjana Chomitsch, die sich nicht mehr in Belarus befindet, darauf hin, dass ihre Schwester unter menschenunwürdigen Bedingungen gehalten werde und nur noch 45 Kilogramm wiege.
Spezielle Nahrung, die Kolesnikowa braucht seit ein Geschwür ihre Magenwand vor zwei Jahren durchbrach, erhalte sie nicht. Die Informationen über den Zustand ihrer Schwester habe Chomitsch unter anderem von ehemaligen Gefangenen erhalten. Denn direkter Kontakt sei für sie sowie Anwälte und Unterstützer der Oppositionellen seit mehr als 600 Tagen nicht möglich gewesen.
Chomitsch wirft den Behörden vor, ihre Schwester psychisch und physisch zu foltern. "Ich glaube, das ist ein kritischer Moment, denn niemand kann lange unter solchen Bedingungen überleben," sagte sie der Nachrichtenagentur Reuters. Das Innenministerium von Belarus reagierte nicht auf eine Anfrage der Agentur zu den Haftbedingungen.
1.400 politische Gefangene
Die 42-Jährige war eines der bekanntesten Gesichter der Massenproteste gegen den belarusischen Präsidenten Alexander Lukaschenko im Jahr 2020. Sie verbüßt eine elfjährige Haftstrafe wegen angeblicher Verschwörung zur Machtergreifung.
Menschenrechtsgruppen zählen Kolesnikowa als eine von mehr als 1.400 politischen Häftlingen in Belarus. Die Verhaftungen seien Teil der Niederschlagung der Proteste durch Lukaschenkos Regierung. Diese bestreitet die Existenz politischer Gefangener.
Kolesnikowa entschied sich gegen das Exil
Rund um die Präsidentschaftswahl 2020 waren in Belarus landesweit Proteste ausgebrochen. Lukaschenko reagierte mit Gewalt und Masseninhaftierungen. Viele, wie die Präsidentschaftskandidatin Swetlana Tichanowskaja, flohen nach der international nicht anerkannten Wiederwahl Lukaschenkos ins Ausland. Manche, wie Kolesnikowa, blieben jedoch.
Chomitsch hofft auf eine Begnadigung ihrer Schwester. Allerdings müsse Kolesnikowa dafür um Begnadigung bitten, wie es die bisher freigelassenen Gefangenen tun mussten. Sie sei sich nicht sicher, ob ihre Schwester dazu bereit wäre. Seit Anfang Juli hat Lukaschenko Reuters zufolge 78 Häftlinge freigelassen, die wegen Protesten im Gefängnis saßen.
Chomitsch: Ein Ende wie bei Nawalny verhindern
Sie rief westliche Länder auf, mit Lukaschenko über die Freilassung politischer Häftlinge zu verhandeln. Die internationale Gemeinschaft habe im Falle des in einem Straflager verstorbenen russischen Oppositionsführers Alexej Nawalny nicht schnell und entschieden genug gehandelt.
Anfang August wurden beim größten Gefangenenaustausch seit dem Ende des Kalten Krieges zwischen Russland, Belarus und mehreren westlichen Ländern 26 Häftlinge freigelassen. Unter ihnen war auch der in Belarus verurteilte Deutsche Rico K.