Kundgebungen in Frankreich Zehntausende demonstrieren gegen Antisemitismus
In Frankreich sind Zehntausende Menschen gegen den zunehmenden Antisemitismus im Land auf die Straße gegangen. Die Hauptkundgebung in Paris wurde von politischen Streitigkeiten überschattet.
Mehr als 100.000 Menschen haben angesichts eines deutlichen Anstiegs antisemitischer Vorfälle in Paris an einer Großkundgebung gegen Antisemitismus teilgenommen. Hinter einem großen Banner mit dem Motto "Für die Republik, gegen den Antisemitismus" setzte sich der "Große Marsch" in der französischen Hauptstadt in Bewegung.
Streit über Teilnahme Le Pens
An ihm beteiligte sich auch die Rechtspopulistin Marine Le Pen, nicht aber die linkspopulistische Partei La France Insoumise (LFI). Diese boykottierte wegen Le Pens Teilnahme die Demonstration und organisierte am Morgen eine Kranzniederlegung am Vélodrome d'Hiver, die von jüdischen Demonstranten unterbrochen wurde. In der ehemaligen Radsporthalle fand im Juli 1942 die größte Massenverhaftung von Jüdinnen und Juden in Frankreich statt.
Nach Angaben des Pariser Polizeipräsidiums schlossen sich rund 105.000 Menschen dem Demonstrationszug in der Hauptstadt an, in ganz Frankreich gingen nach Angaben des Innenministeriums rund 182.000 Menschen gegen Antisemitismus auf die Straße.
Allein in Paris gingen mehr als 100.000 Menschen auf die Straße.
Viele Politiker nahmen teil
An der Spitze des großen Demonstrationszugs in Paris liefen Premierministerin Elisabeth Borne, die ehemaligen Präsidenten Nicolas Sarkozy und François Hollande, der Präsident der jüdischen Dachorganisation Crif, Yonathan Arfi, sowie die beiden Vorsitzenden von Nationalversammlung und Senat, Yaël Braun-Pivet und Gérard Larcher, auf deren Initiative der Marsch zurückging.
Macron "im Gedanken" dabei
In den vorderen Reihen waren auch mehrere ehemalige Premierminister, Religionsvertreter sowie zahlreiche Minister vertreten. Präsident Emmanuel Macron nahm an der Pariser Kundgebung nicht teil, versicherte aber im Vorfeld, "im Gedanken" dabei zu sein. In einem am Samstagabend von der Zeitung "Le Parisien" veröffentlichten Brief an die Franzosen verurteilte Macron das "unerträgliche Wiederaufleben eines ungezügelten Antisemitismus".
"Ein Frankreich, in dem unsere jüdischen Mitbürger Angst haben, ist nicht Frankreich", schrieb Macron. "Ein Frankreich, in dem Franzosen aufgrund ihrer Religion oder Herkunft Angst haben, ist nicht Frankreich." Der Marsch gegen Antisemitismus in Paris solle zeigen, dass Frankreich geeint "hinter seinen Werten und seinem Universalismus" stehe.
Massive Zunahme antisemitischer Straftaten
Seit Beginn des Krieges zwischen der militant-islamistischen Hamas im Gazastreifen und Israel haben die französischen Behörden fast 1.250 antisemitische Straftaten registriert, darunter neben Pöbeleien und Schmierereien auch Gewalttaten. Da in Frankreich sowohl die größte jüdische als auch die größte muslimische Gemeinde Europas lebt, ist die Sorge groß, dass die Gewalt in Nahost auf das Land übergreift.
Im Kampf gegen die zunehmenden antisemitischen Vorfälle auch in den Schulen und Universitäten verkündete die französische Regierung unterdessen eine Partnerschaft mit der UN-Organisation für Bildung, Wissenschaft und Kultur (UNESCO). Diese solle Pädagogen mit konkreten Ratschlägen dabei helfen, "Antisemitismus und andere Formen von Hass in der Schule zu verhindern und zu bekämpfen", erklärte das Außenministerium.