Nach Messerangriff in Southport Neue Gewalt in britischen Städten
Die Lage in Großbritannien ist nach dem Messerangriff in Southport angespannt. In mehreren Städten hat es neue Proteste und auch Ausschreitungen gegeben. Premier Starmer beriet mit Kabinettsmitgliedern.
Bei nationalistischen und antimuslimischen Protesten in Großbritannien infolge der Messerattacke von Southport ist es stellenweise zu neuen Ausschreitungen gekommen. In Liverpool warfen Demonstranten Stühle, Leuchtraketen und Ziegelsteine auf Polizisten. Die Polizei sprach von mehreren verletzten Sicherheitskräften und "schweren Unruhen". In Manchester kam es britischen Medien zufolge zu Handgemengen zwischen Sicherheitskräften und Demonstranten.
Wie die Rundfunkanstalt BBC berichtete, warfen Protestierende in der nordostenglischen Stadt Hull die Fensterscheiben eines Hotels ein, das als Unterkunft für Asylsuchende genutzt worden war. Drei Polizisten wurden bei den Protesten in der Stadt nach Polizeiangaben verletzt und vier Menschen festgenommen.
Im nordirischen Belfast geriet eine antimuslimische Gruppierung mit den Teilnehmern einer anti-rassistischen Demonstration aneinander, es wurden Feuerwerkskörper abgefeuert. Auch in Leeds und Nottingham trafen Gruppen von Demonstranten und Gegendemonstranten aufeinander. In London wurden, getrennt voneinander, eine regelmäßig stattfindende propalästinensische und eine migrantenfeindliche Demonstration abgehalten.
Starmer sichert Einsatzkräften volle Unterstützung zu
Premierminister Keir Starmer beriet sich mit Kabinettsmitgliedern. Die Einsatzkräfte hätten seine volle Unterstützung, um gegen Extremisten vorzugehen, die Polizisten attackieren und versuchten, Hass zu schüren, sagte der sozialdemokratische Politiker. Die Ausschreitungen gelten als erste Prüfung für den neuen Regierungschef, der seit genau einem Monat im Amt ist.
Proteste gegen angeblich zu hohe Migration
Die Ultranationalisten protestieren gegen aus ihrer Sicht zu hohe Migration und werfen den Behörden vor, sie würden über die Identität des Messerangreifers von Southport lügen. In sozialen Medien hatte sich nach der Bluttat am Montag das Gerücht breitgemacht, bei dem Täter handele es sich um einen muslimischen Asylbewerber.
Die Polizei betonte, der verdächtige 17-Jährige sei in Großbritannien geboren worden. Seine Eltern stammen aus Ruanda. Der Teenager soll drei Mädchen erstochen sowie acht weitere Kinder und zwei Erwachsene teilweise lebensgefährlich verletzt haben. Er sitzt in Untersuchungshaft.
Mehr als 90 Festnahmen
Seit Beginn der Krawalle am vergangenen Dienstag hat die Polizei insgesamt mehr als 90 Menschen festgenommen. Allein am Freitag gab es zehn Festnahmen in der nordostenglischen Stadt Sunderland. Die Bürgermeisterin der Region North East, Kim McGuinness, sagte der BBC, die Beamten in Sunderland seien schwerer andauernder Gewalt ausgesetzt gewesen.
Die Randalierer hätten erheblichen Schaden in der Stadt angerichtet. Viele der Beteiligten wohnten gar nicht in Sunderland, sondern seien eigens angereist, um Chaos zu stiften, erklärten die Behörden. Die Scheiben einer Polizeiwache wurden eingeschlagen und ein angrenzendes Büro der Beratungsorganisation Citizens Advice angezündet. Darüber hinaus seien Autos in Brand gesteckt, Geschäfte geplündert, Menschen auf der Straße beschimpft und Polizisten angegriffen worden, sagte die Labour-Politikerin. Mark Hall von der Northumbria Police sprach von "unverzeihlicher Gewalt".
Aufruf von Tommy Robinson
Zu der Protestveranstaltung in Sunderland nahe einer Moschee hatte der Gründer der rechtsradikalen English Defence League (EDL), Stephen Yaxley-Lennon, aufgerufen, der unter dem Namen Tommy Robinson bekannt ist. Dabei wurden unter anderem antimuslimische Parolen gerufen.