EU-Gipfel Macron warnt Scholz vor Isolation
Beim Gipfel in Brüssel wird auch nach einer europäischen Lösung für die hohen Gaspreise gesucht. Frankreichs Präsident Macron kritisierte den Kurs von Kanzler Scholz in der Energiekrise und warnte, Deutschland dürfe sich innerhalb der EU nicht "isolieren".
Deckeln oder nicht, das ist die Frage, auf die Europa bisher keine gemeinsame Antwort findet. Im Gegenteil. Auch, wenn nach wie vor eine Mehrheit der EU-Länder die Explosion der Energiekosten mit einer Preisobergrenze für Gasimporte dämpfen will. Frankreich und Italien etwa, aber auch Spanien, Belgien und Litauen. Litauens Staatspräsident Gitanas Nauseda sagt: "Wir wollen Maßnahmen, die den Preis sofort nach unten bringen. Und das sind Deckel. Für nationale Gaspreise, für den Großhandel und für Gas, das zur Stromproduktion genutzt wird."
Unter anderem Dänemark, Bulgarien oder die Niederlande lehnen das jedoch ab. Sie fürchten, dass ein europäischer Preisdeckel die Versorgungssicherheit gefährdet, weil Lieferländer ihre Flüssiggastanker dann womöglich dahin schicken, wo es mehr zu verdienen gibt. "Wir wollen wie alle anderen auch erreichen, dass die Preise sinken", sagt der niederländische Ministerpräsident Mark Rutte, "aber so, dass auch weiterhin Gas geliefert wird."
Kritik an deutscher Haltung
Auch Deutschland ist skeptisch und hält es für sinnvoller, dass sich die EU beim Gaseinkauf zusammentut, um mit den Lieferanten über die Preise zu verhandeln, so wie das die Kommission von Ursula von der Leyen für mindestens 15 Prozent des europäischen Gasbedarfs vorschlägt. Bundeskanzler Olaf Scholz sagt:
Und ansonsten ist es auch so, dass wir gucken müssen, dass wir das, was wir entscheiden, so einrichten, dass es funktioniert. Niemand möchte ja Beschlüsse fassen, wo es hinterher theoretisch gut ist, es aber kein Gas gibt. Das muss auch miteinander hingekriegt werden.
Die Befürchtung: Die Lieferländer schicken ihre Flüssiggastanker dahin, wo mehr bezahlt wird, etwa nach Asien. Die deutsche Abwehr-Haltung gegenüber Preisobergrenzen beim Gas sorgt allerdings in anderen Ländern für Kritik. Das gilt auch für die Absage an ein neues, schuldenfinanziertes Investitionsprogramm, das sich manche Hauptstädte zur Bewältigung der Energiekrise wünschen. Stattdessen - so heißt es dazu aus Berlin, aber auch aus Österreich und den Niederlanden - sollten zunächst die vielen hundert Milliarden aus dem Corona-Wiederaufbaufonds angezapft werden, die noch ungenutzt auf Brüsseler Konten liegen.
Macron sieht noch viel Übereinstimmung mit Berlin
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron sieht trotz aller Meinungsverschiedenheiten noch viel Übereinstimmung mit der Bundesregierung und will mit Olaf Scholz zusammenarbeiten, denn, so der wenig diplomatische Zusatz, "es ist weder für Europa noch für Deutschland gut, wenn man sich isoliert."
Deutschland isoliert? Unsolidarisch? Ein Blockierer? Kanzler Scholz weist das entschieden zurück, genauso wie die andauernde Kritik am deutschen "Doppelwumms" und verweist darauf, dass die 200 Milliarden aus dem Energie-Entlastungspaket für drei Jahre gedacht sind. "Wenn man das auf diese Zeit umrechnet, dann ist es genau das Gleiche was Frankreich macht, was Italien macht, was Spanien macht und viele andere Länder auch, es passt also ganz gut", so Scholz.
Schärfere Sanktionen gegen den Iran
Nach wie vor einig ist sich die EU darin, dass die Hilfe für die Ukraine weitergehen muss. Politisch, finanziell, humanitär und auch mit Waffen, damit sich das Land gegen die russischen Angreifer zur Wehr setzen kann. Lettlands Regierungschef Arturs Krisjanis Karins:
Russland versteht nur die Sprache der Stärke. Wir in Europa müssen also stark sein in der Unterstützung für die Ukraine, damit die Ukraine den Krieg gegen die russische Aggression gewinnen kann.
Neue, schärfere Sanktionen gegen Russland, wie sie vor allem die Osteuropäer verlangen, sind bei diesem Gipfel kein Thema. Schon beschlossen hat die EU dagegen weitere Strafmaßnahmen gegen den Iran. Die Europäische Union ist davon überzeugt, dass die russische Armee für ihre Angriffe auf zivile Ziele in der Ukraine vom Mullah-Regime mit Kamikaze-Drohnen versorgt wird - auch wenn die Führung in Teheran das Gegenteil behauptet.