Fortschrittsbericht EU-Kommission für Beitrittsgespräche mit Ukraine
Von einem "historischen Tag" sprach EU-Kommissionschefin von der Leyen. Ihre Behörde hat Beitrittsgespräche mit der Ukraine empfohlen - ein einmaliger Vorgang, da sich das Land im Krieg befindet. Auch andere Länder dürfen hoffen.
Die EU-Kommission empfiehlt die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen mit der Ukraine. Vor der ersten Gesprächsrunde soll das Land allerdings begonnene Reformen abschließen müssen. Das geht aus einem Bericht der Behörde unter der Leitung von Ursula von der Leyen hervor.
Moldau, Bosnien Herzegowina und Georgien dürfen hoffen
Von der Leyen sprach von einem "historischen Tag". Auf Grundlage neuer Bewertungen können zudem auch Moldau und eingeschränkt Bosnien und Herzegowina auf einen Start von EU-Beitrittsverhandlungen hoffen. Georgien sollte nach Ansicht der EU-Kommission den Status eines Beitrittskandidaten bekommen können. Dies ist der erste Schritt im Beitrittsprozess.
EU-Staaten müssen noch zustimmen
Sollten die Regierungen der EU-Staaten der Empfehlung zustimmen, könnten erstmals in der Geschichte der EU Beitrittsverhandlungen mit einem Land im Krieg geführt werden. Die Ukraine hatte am 28. Februar vergangenen Jahres kurz nach dem Beginn der russischen Invasion ihren Antrag auf Beitritt zur EU gestellt.
Die Staats- und Regierungschefs der EU-Staaten verliehen dem Land dann am 24. Juni 2022 den Kandidatenstatus. Gleichzeitig wurde damals vereinbart, dass über weitere Schritte erst dann entschieden werden soll, wenn sieben von der EU-Kommission empfohlene Kriterien erfüllt sind. Bei ihnen geht es um eine stärkere Korruptionsbekämpfung - insbesondere auf hoher Ebene.
Die EU fordert zudem, dass Standards im Kampf gegen Geldwäsche eingehalten werden und ein Gesetz gegen den übermäßigen Einfluss von Oligarchen umgesetzt wird. Von der Leyen hatte am Wochenende bei einem Besuch in Kiew gesagt, sie wisse, dass an einigen Reformen noch gearbeitet werde. Sie sei aber zuversichtlich, dass das ehrgeizige Ziel erreicht werden könne, den Prozess der Beitrittsverhandlungen bereits in diesem Jahr zu eröffnen.
EU fordert stärkere Korruptionsbekämpfung
Als Beispiele für noch offene Punkte nannte sie eine noch nachdrücklichere Korruptionsbekämpfung, die Verabschiedung eines neuen Gesetzes über Lobbytätigkeiten sowie die Verschärfung von Vorschriften über die Angabe von Vermögenswerten.
Ob die Empfehlungen der EU-Kommission umgesetzt werden, muss nun einstimmig von den EU-Staaten entschieden werden. Die Ukraine hofft, dass die Staats- und Regierungschefs der EU-Länder bei ihrem letzten regulären Gipfeltreffen des Jahres am 14. und 15. Dezember ihre grundsätzliche Zustimmung für einen Start von Beitrittsverhandlungen geben.
Deutschland will Empfehlung prüfen
Die Bundesregierung will die Empfehlung der EU-Kommission vor einer Entscheidung erst prüfen. Man werde die Empfehlung "gründlich prüfen", sagte die stellvertretende Regierungssprecherin Christiane Hoffmann. Die Bundesregierung habe aber mehrfach betont, dass sie die Ukraine perspektivisch als EU-Mitglied sieht.
"Die Menschen in der Ukraine gehören zur europäischen Familie", kommentierte Außenministerin Annalena Baerbock die Empfehlung der EU-Kommission auf X. Der Beginn der EU-Beitrittsgespräche sei der nächste Schritt, "den wir gemeinsam gehen sollten. Denn eine stärkere, größere und geschlossene EU ist die geopolitische Antwort auf Russlands Angriffskrieg".
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj sprach von einem "richtigen Schritt". "Trotz aller Schwierigkeiten bewegen wir uns vorwärts", sagte er in einer Videobotschaft. Kiew erwarte bereits im Dezember die entsprechende politische Entscheidung der Staats- und Regierungschefs der EU-Staaten. Die Ukrainer hätten sich das mit "ihrer Verteidigung der europäischen Werte" verdient. Kiew werde sein Wort halten und trotz des laufenden russischen Angriffskriegs alle für den EU-Beitritt notwendigen Entscheidungen umsetzen, so Selenskyj.