Kritik des EU-Rechnungshofs EU verschwendet Geld bei Klimaschutz-Hilfen
Eigentlich soll der EU-Wiederaufbaufonds Anreize für ökologischen Wandel und Klimaschutz geben. Doch das funktioniert nicht richtig, kritisiert der EU-Rechnungshof. Dem ganzen Konstrukt mangelt es deshalb an Glaubwürdigkeit.
Unklare Vorgaben, mangelnde Kontrolle, nicht effizient genug. Der EU-Rechnungshof geht hart mit einem der wichtigsten EU-Hilfsprogramme ins Gericht.
Überprüft wurde der mit Abstand größte Fördertopf des Corona-Aufbau-Pakets, im EU-Jargon "Aufbau- und Resilienzfazilität" genannt - kurz: ARF. Das Geld aus diesem Programm sollte auch Anreize geben für den ökologischen Wandel und den Klimaschutz.
"Wir wollten herausfinden, wie grün dieses Programm in Wirklichkeit ist. Das Mindeste was man sagen kann, ist, dass es daran erhebliche Zweifel gibt", erklärte der Sprecher des Europäischen Rechnungshofs, Matthias Beermann. Das bedeutet: Der EU-Wiederaufbaufonds ist nicht so ökologisch und klimatechnisch wegweisend wie von der EU-Kommission und den Mitgliedstaaten einst angekündigt.
Die Aufbau- und Resilienzfazilität (ARF) ist ein mit insgesamt 700 Milliarden Euro ausgestattetes Sonder-Geldpaket, das die EU nach der Corona-Pandemie bereitgestellt hatte. Es umfasst Darlehen und Finanzhilfen.
In der Planungsphase müssen mindestens 37 Prozent der Mittel Klimaschutzmaßnahmen zugewiesen werden, die zum Netto-Null-Emissionsziel der EU bis zum Jahr 2050 beitragen. EU-Länder legen Etappenziele fest und machen Angaben zu den geschätzten Kosten.
Zwar wurde eine Methodik zur Nachverfolgung der Ausgaben eingeführt, doch die Umweltziele wurden nicht nachverfolgt.
"Hohes Maß an Ungenauigkeit"
Der finanzielle Beitrag zum Klimaschutz sei "kräftig überschätzt" worden, beklagte Joelle Elvinger, die den Bericht des Rechnungshofes verantwortet. Die EU-Kommission hatte zuvor erklärt, dass mehr als 40 Prozent der ARF-Mittel, das heißt rund 275 Milliarden Euro, in die Förderung der EU-Klimaziele und in entsprechende Projekte geflossen seien.
Diese Summe sei um rund 34,5 Milliarden Euro zu hoch veranschlagt, heißt es jetzt im Bericht des Rechnungshofes. Das ist nicht der einzige Punkt, der aus Sicht der Prüfer Fragen aufwirft. Nicht alle als "grün" eingestuften Maßnahmen seien es auch gewesen, außerdem fehle ein umfassender Überblick über die in den EU-Ländern tatsächlich ausgegebenen Summen.
"Leider sehen wir hier ein hohes Maß an Ungenauigkeit und oft auch eine Kluft zwischen Planung und konkreter Umsetzung", kritisierte Rechnungshof-Sprecher Beermann. Unterm Strich gebe es kaum Erkenntnisse darüber, wieviel Geld am Ende effektiv in den ökologischen Wandel fließe, erklärte Antonella Stasia, die die Details des EU-Fördertopfes untersucht hatte.
Prüfung im Vorfeld, keine Kontrolle im Nachhinein
Doch damit endet die Kritik der Rechnungsprüfer noch nicht. Um Geld aus Brüssel zu bekommen, müssen die EU-Länder die Kosten für ihre geplanten Klimaschutz-Maßnahmen erst einmal anmelden. "Das wird dann im Vorfeld alles genau überprüft, aber es findet später keine Kontrolle mehr statt, ob und wie das Geld genau ausgegeben wurde", so Chef-Rechnungsprüferin Elvinger, zumal die tatsächlichen Kosten erheblich von den veranschlagten Summen abweichen können.
"Darüber hinaus sind wir auf Projekte gestoßen, die längst nicht so grün waren wie behauptet". So wurde beispielsweise bei einem Projekt zur Verbesserung der Wasserversorgung der "klimarelevante Beitrag" mit 40 Prozent angegeben.
Dabei ging es gar nicht ums Wassersparen oder um einen vernünftigen Umgang mit Wasser in Zeiten zunehmender Erwärmung, sondern nur um die Digitalisierung des Versorgungssystems, die mit ökologischen Fragen wenig, mit Einsparungen in der Verwaltung dafür um so mehr zu tun haben: "Der Klimabeitrag hätte mit Null angesetzt werden müssen", so Rechnungshof-Expertin Stasia.
Bei einem anderen Projekt sei Wasser sogar regelrecht verschlammt worden: eine Pumpspeicheranlage, die mit EU-Geld unter dem Signum besonders umweltschonender Neuerungen finanziert wurde. Tatsächlich aber habe die Anlage schwerwiegende negative Auswirkungen auf die Umwelt, die im Vorfeld der Förderung nicht bewertet wurden.
Schwächen im gesamten Konstrukt
Der Vorschlag des EU-Rechnungshofes: Um Diskrepanzen zu vermeiden, müsste die Förderung stärker mit den Klimazielen verknüpft werden. Außerdem müsste "abschließend erfasst und öffentlich gemacht werden, wofür das Geld ausgegeben wurde".
Mit anderen Worten: Das ganze Förderkonstrukt weist Schwächen auf, es lässt sich nicht immer nachvollziehen und leidet deshalb auch an der erforderlichen Glaubwürdigkeit.