Reformplan der Kommission EU will mehr Spielraum beim Schuldenabbau
Seit Corona sind die EU-Schuldenregeln ausgesetzt. Ab 2024 sollen sie wieder greifen, doch viele Staaten halten sie für zu streng. Die EU-Kommission hat nun Reformpläne vorgelegt, die in Deutschland auf wenig Begeisterung stoßen.
Die EU-Kommission hat ihre Pläne für eine Reform der europäischen Schuldenregeln vorgestellt. Im Kern geht es darum, dass hoch verschuldete Länder mehr Flexibilität für den Abbau von regelwidrigen Schulden bekommen sollen. Statt einheitlicher Vorgaben für alle Staaten setzt die Behörde auf individuelle Wege für jedes Land, um Schulden und Defizite langfristig zu senken, wie aus einem jetzt vorgestellten Reformvorschlag hervorgeht.
Die EU-Staaten mit zu hohen Haushaltsdefiziten und Schuldenständen sollen künftig in der Regel in einem Zeitraum von vier Jahren ihre Werte verbessern, in Ausnahmefällen innerhalb von sieben Jahren. Außerdem sollen Maßnahmen ergriffen werden, damit es mittelfristig keinen Rückfall zu höheren Defiziten und Schuldenständen gibt. Feste numerische Vorgaben zum Abbau soll es nach Vorstellung der EU-Kommission nicht geben.
Lindner: Es braucht klare Regeln
Die EU-Länder und das EU-Parlament müssen nun über die vorgeschlagenen Reformen verhandeln. Unklar ist noch, ob die Reformvorschläge für die Bundesregierung akzeptabel sind. Deutschland hatte sich in der seit Monaten anhaltenden Debatte über neue Regeln für relativ strenge Mindestvorgaben beim Schuldenabbau ausgesprochen.
Bundesfinanzminister Christian Lindner warnte diese Woche erneut vor einer Aufweichung der Vorgaben. "Wir müssen sicherstellen, dass wir finanzielle Puffer für mögliche Krisen in der Zukunft haben." Es brauche klare Regeln, zudem sei die Durchsetzung entscheidend, so der FDP-Politiker.
Reform muss noch dieses Jahr kommen
Wegen der Corona-Pandemie und der Folgen des russischen Angriffs auf die Ukraine sind die Schulden weltweit sprunghaft gestiegen. Die bisherigen Vorgaben wirken für viele EU-Staaten nicht mehr zeitgemäß und kaum zu erreichen. Deswegen soll das Regelwerk - der sogenannte Stabilitätspakt - nun zum vierten Mal überarbeitet werden.
Seit 2020 sind die Regeln ausgesetzt, sollen aber ab Anfang 2024 wieder greifen. Deswegen muss sich die EU noch dieses Jahr auf eine Reform verständigen, was als schwierig gilt.
Zu den besonders hoch verschuldeten Staaten in der EU gehören unter anderem Frankreich, Griechenland, Italien, Portugal und Spanien. Auch Deutschland liegt derzeit über der eigentlichen Schuldenobergrenze in der EU von 60 Prozent im Verhältnis zur Wirtschaftsleistung.
Deutschland verfehlt 2023 erneut Maastricht-Vorgaben
Das gesamtstaatliche Defizit in Deutschland wird im laufenden Jahr voraussichtlich erneut die sogenannte Maastricht-Vorgabe von höchstens drei Prozent der Wirtschaftsleistung überschreiten. Laut dem vom Bundeskabinett beschlossenen deutschen Stabilitätsprogramm erwartet die Bundesregierung für 2023 rechnerisch ein Minus von Bund, Ländern, Gemeinden und Sozialversicherungen von etwa 4,25 Prozent. Allerdings dürfte der tatsächliche Wert laut Bundesfinanzministerium niedriger ausfallen.
Die Bundesregierung plane, dass Deutschland "nach drei Ausnahmejahren" zur "regulären Kreditobergrenze der Schuldenregel" zurückkehre. Das solle die finanzpolitische Handlungsfähigkeit langfristig sichern, sagte Regierungssprecher Steffen Hebestreit.