Hochwassser in Frankreich "Wir wollen nur noch weg von hier"
Bereits im November wurde Nordfrankreich von Überschwemmungen getroffen - jetzt sind wieder viele Gebiete nach heftigem Regen überflutet. Noch immer warten viele Menschen auf Hilfe, die ihnen schon vor zwei Monaten versprochen wurde.
Françoise führt einen Reporter des Fernsehsenders BFM durch ihr Haus. Sie watet durch die brackigen, braunen Wassermassen. Ein einziges Déjà-vu - nachdem hier schon im November alles überschwemmt war. Françoise lebt in Blendecques, einem kleinen Ort im Département Pas-de-Calais.
Sie sagt: "Gerade fing alles an, wieder durchzutrocknen. Wir haben die Maschinen dafür seit ungefähr zwei Monaten. Jetzt hatten wir sie wieder abgebaut und in Sicherheit gebracht."
Möbel, Bad, Erdgeschoss - alles weg
Seit zwei Monaten wohne sie bei ihrer Schwester, erzählt Françoise. Bei ihr sei alles weg: die Möbel, das Bad, das komplette Erdgeschoss.
Anfang November waren zwei Sturmtiefs über die Region gefegt. Dann kamen heftige Regenfälle - und jetzt schon wieder. Beim Besuch in den Überschwemmungsgebieten hatte Präsident Emmanuel Macron damals Finanzhilfen in Höhe von 50 Millionen Euro versprochen. Viele Menschen sind verzweifelt; sie warten immer noch auf das Geld der Versicherungen für die Hochwasser-Schäden von November.
"Manche Kollegen müssen Antidepressiva nehmen"
Vincent Maquignon arbeitet im Rathaus von Blendecques. Sein Haus sei seit zwei Monaten unbewohnbar, erzählt er im Radiosender France Info: "Im November kamen der Umweltminister und der Präsident und haben schöne Reden gehalten, aber jetzt haben hier alle mehr als die Nase voll. Manche Kollegen müssen Antidepressiva nehmen, weil sie sonst nicht klarkommen. Wir wollen nur noch weg von hier."
Mit Soforthilfen allein bekomme man solche Situationen kaum in den Griff, glaubt François Decoster. Man müsse grundlegend umdenken, findet der Bürgermeister von St. Omer, einer Kleinstadt fünf Kilometer nördlich von Blendecques.
Mehr tun, besser vorbereiten
Er meint: "Wir müssen noch mehr tun. Wir brauchen schon im Voraus mehr technische Lösungen, damit sich die Wassermassen langsamer ausbreiten. Und wir müssen daran arbeiten, das Wasser Richtung Meer abzuleiten. 2002 haben wir von einem 'Jahrhundert-Hochwasser' gesprochen. Aber durch die Auswirkungen des Klimawandels wird uns das häufiger und heftiger treffen. Darauf müssen wir uns jetzt schnell vorbereiten."
Seit gestern Nachmittag gilt im Pas-de-Calais am Fluss Aa die höchste Hochwasser-Warnstufe. Innenminister Gérald Darmanin hat angekündigt, 120 zusätzliche Feuerwehr- und Militärkräfte ins Département zu schicken. Auch für sieben andere Départements - darunter im Osten nahe der deutschen Grenze und in der Bretagne - gibt es Hochwasser-Warnungen. Entspannung erwarten Wetterexperten gegen Wochenende. Dann soll kältere und vor allem trockenere Luft kommen.