Renten in Frankreich Tausende protestieren gegen Macrons Reform
Schulen zu, Stromproduktion heruntergefahren, Busse in den Depots: Tausende haben in Frankreich gegen die Rentenpläne der Regierung gestreikt und protestiert, in Paris kam es zu Krawallen. Präsident Macron hält dennoch an seinen Plänen fest.
Schulen geschlossen, Stromproduktion heruntergefahren, Busse und Bahnen bleiben in den Depots: Tausende Menschen haben in Frankreich gegen die Rentenpläne der Regierung gestreikt. Präsident Macron hält dennoch an seinen Plänen fest.
In Frankreich haben Tausende Menschen gegen die geplante Rentenreform der Mitte-Regierung von Präsident Emmanuel Macron gestreikt und protestiert. Die acht größten französischen Gewerkschaften hatten ihre Mitglieder zum Streik gegen das wichtige Vorhaben von Macrons Regierung aufgerufen. Diese will etwa das reguläre Renteneintrittsalter von 62 auf 64 Jahre schrittweise anheben.
Trotz der landesweiten Proteste will Macron allerdings an der Reform festhalten. Während einer Pressekonferenz beim französisch-spanischen Gipfeltreffen in Barcelona sagte er, die Reform und die Anhebung des Rentenalters seien notwendig. "Wir werden dies mit Respekt, im Geiste des Dialogs, aber auch mit Entschlossenheit und Verantwortung tun", sagte der Präsident. Weiter forderte er die Menschen auf, friedlich zu demonstrieren und Gewalt zu vermeiden.
Geschlossen, gestört, gestrichen
Viele Grundschulen blieben wegen der Proteste geschlossen, der öffentliche Rundfunk sendete Musik anstatt des üblichen Morgenprogramms, und Beschäftigte des Energiekonzerns EDF fuhren die Stromproduktion leicht hinunter. Bahnverbindungen und der Pariser Nahverkehr waren massiv gestört. An den Pariser Flughäfen fielen Flüge aus. Die Generaldirektion der Zivilen Luftfahrt hatte die Airlines gebeten, einen von fünf Flügen am Flughafen Paris-Orly am Streiktag zu streichen.
In Paris kam es bei den Protesten auch zu Ausschreitungen. Wie auf Bildern zu sehen ist, bewarfen vermummte Demonstranten die Polizei teils mit Holzlatten und Pyrotechnik. Die Polizei setze daraufhin Tränengas ein.
Demonstrationszüge in Großstädten
In Nizza, Marseille und Toulouse versammelten sich Demonstrationszüge. "Viele Leute, die sonst nicht auf die Straße gehen, sind dieses Mal dabei", sagte Laurent Berger, Chef der als gemäßigt geltenden Gewerkschaft CFDT, dem Sender BFM.
Arbeitsminister Olivier Dussopt sagte im Fernsehsender LCI, die Rentenreform verlange von den arbeitenden Menschen eine "zusätzliche Anstrengung". Er rief Streikende auf, nicht die Wirtschaft lahmzulegen. "Das Recht auf Streik ist eine Freiheit, aber wir wollen keine Blockaden", sagte er.
Anhebung des Rentenalters von 62 auf 64
Zentraler und laut Umfragen auf größte Ablehnung stoßender Punkt ist die Anhebung des Rentenalters. Zudem soll der Anspruch auf eine volle Rente an eine Lebensarbeitszeit von mindestens 43 Jahren gekoppelt werden. Etliche Einzelsysteme mit Privilegien für bestimmte Berufsgruppen sollen abgeschafft werden.
Derzeit liegt das Renteneintrittsalter bei 62 Jahren. Tatsächlich beginnt der Ruhestand im Durchschnitt aber später: Wer nicht lang genug eingezahlt hat, um Anspruch auf eine volle Rente zu haben, arbeitet auch länger. Mit 67 Jahren gilt unabhängig von der Einzahldauer voller Rentenanspruch - dies will die Regierung beibehalten. Die monatliche Mindestrente will sie auf etwa 1200 Euro hochsetzen.
Für Menschen, die besonders früh angefangen haben zu arbeiten oder deren Arbeitsbedingungen außergewöhnlich hart sind, soll es früher in den Ruhestand gehen.
Gewerkschaften kritisieren Vorhaben als ungerecht
Die Regierung sagt, nur mit einer entsprechenden Reform könne das Rentensystem bei einer alternden Bevölkerung und zunehmender Lebenserwartung weiterhin finanziert werden. Sie rechnet mit einem Defizit von 14 Milliarden Euro bis 2030. Das Rentensystem kostet Frankreich laut OECD derzeit etwa 14 Prozent seiner Wirtschaftsleistung.
Gewerkschaften kritisieren das Vorhaben als brutal und ungerecht. Sie sehen hart erkämpfte Arbeitnehmerrechte bedroht und schlagen als Alternative höhere Steuern für Reiche oder einen höheren Arbeitgeberbeitrag bei den monatlichen Lohnabrechnungen vor. Massive Kritik kommt auch von der französischen Linken und den Rechtsnationalen.
Debatte in der Nationalversammlung
Premierministerin Elisabeth Borne hatte in der vergangenen Woche die großen Linien der Rentenreform angekündigt. Macron hatte bereits 2019 versucht, das komplizierte französische Rentensystem zu vereinfachen und durchzusetzen, dass Franzosen länger arbeiten. Dies hatte zu der längsten Protestwelle seit der Studentenrevolte 1968 geführt. Das Reformprojekt wurde dann wegen der Corona-Pandemie auf Eis gelegt.
Der Gesetzentwurf soll nun kommende Woche im Kabinett vorgestellt und anschließend in der Nationalversammlung debattiert werden.