Friedensnobelpreisverleihung "Ungeheure Last auf unseren Schultern"
Die Verleihung des Friedensnobelpreises in Oslo war in diesem Jahr vom Ukraine-Krieg geprägt. Geehrt wurden Menschenrechtler aus Russland, der Ukraine und Belarus. Ihre Botschaften berührten das Publikum.
Stehender Applaus im Rathaus von Oslo. Besonders die Rede von Oleksandra Matwijtschu berührt viele Gäste bei der feierlichen Nobelpreis-Zeremonie. Mit ihrem Zentrum für bürgerliche Freiheiten dokumentiert die Ukrainerin Kriegsverbrechen und Menschenrechtsverletzungen in ihrem Land und mahnt den Westen, keine Zugeständnisse an Russland zu machen: "Die Menschen in der Ukraine wünschen sich nichts sehnlicher als Frieden. Aber Frieden erreicht man nicht, indem ein Land, das angegriffen wurde, die Waffen niederstreckt. Das wäre kein Frieden, sondern eine Besetzung."
Der Friedensnobelpreis steht in diesem Jahr ganz im Zeichen des Krieges. Und er geht auch an die russische Menschenrechtsorganisation Memorial. In Russland wurde sie verboten, der Vorsitzende Jan Rachinsky und sein Team dürfen dort nicht mehr arbeiten. In seiner Rede zeichnete Rachinsky ein dunkles Bild seiner Heimat, in der Moskau die Zivilgesellschaft zu einer schweigenden Masse verwandelt habe:
Wir haben die Verbrechen der Vergangenheit und der Gegenwart dokumentiert und versucht zu verhindern, dass Geschichte vergessen und Rechtsbewusstsein zerstört wird. Wir haben viel getan, und mehr als nur wenig erreicht. Aber hat unsere Arbeit die Katastrophe in der Ukraine verhindert? Die ungeheure Last, die seitdem auf unseren Schultern liegt, wurde nicht leichter, sondern schwerer durch den Friedensnobelpreis.
Bjaljazki sitzt im Gefängnis
Der dritte Preisträger konnte nicht persönlich kommen: Der Menschenrechtsanwalt Ales Bjaljazki sitzt seit eineinhalb Jahren in Belarus im Gefängnis - wegen angeblicher Steuerhinterziehung. Deshalb nahm seine Frau Natalja Pintschuk den Friedensnobelpreis in Oslo stellvertretend für ihn entgegen.
Die anwesenden Gäste waren sichtlich berührt, als sie aus alten Aufzeichnungen ihres Mannes zitierte: "Ich möchte für alle wiederholen: Habt keine Angst. Dies waren die Worte, die Papst Johannes Paul II. sagte, als er das kommunistische Polen besuchte. Er fügte nichts mehr hinzu, aber es war genug. Ich glaube, ich habe Vertrauen, weil ich glaube, dass nach dem Winter immer der Frühling kommt."
Auch wenn die Haftbedingungen ihres Mannes sich durch den Friedensnobelpreis nicht verbessern würden: Er sei ein Zeichen der Hoffnung für alle, die in Gefängnissen in Belarus festgehalten werden - ein wichtiges Signal, dass man sie nicht vergessen habe.
Andere Nobelpreisverleihungen in Stockholm
Die weiteren diesjährigen Nobelpreisträgerinnen und -träger werden in Stockholm ausgezeichnet. Darunter ist auch der schwedische Genetiker Svante Pääbo, der in Leipzig am Max-Planck-Institut lehrt. Ihm wurde der Nobelpreis für Medizin zugesprochen für seine Forschung zur menschlichen Evolution.
Die Nobelpreise sind je Kategorie mit zehn Millionen schwedischen Kronen dotiert, umgerechnet etwa 920.000 Euro. Sie werden immer am Todestag des Stifters Alfred Nobel verliehen - dem 10. Dezember.