Viel-Parteien-Koalition Israels Regierung strebt Neuwahlen an
Die israelische Regierungskoalition will das Parlament auflösen und damit Neuwahlen einleiten. Ministerpräsident Bennett erklärte das Acht-Parteien-Bündnis für gescheitert. Es wären die fünften Wahlen binnen dreieinhalb Jahren.
Israels Regierung will das Parlament auflösen und damit den Weg zu Neuwahlen ebnen. Die Koalition wolle in der kommende Woche die Knesset über das Vorhaben abstimmen lassen, sagte Ministerpräsident Naftali Bennett bei einer Pressekonferenz. Bis zur Vereidigung einer neuen Regierung soll demnach der aktuelle Außenminister Jair Lapid stellvertretend das Amt des Ministerpräsidenten übernehmen.
Die Wahl könnte Medienberichten zufolge Ende Oktober stattfinden - es wäre die fünfte innerhalb von dreieinhalb Jahren. Als Hauptgrund für die Entscheidung nannte Bennett das Scheitern einer Abstimmung im Parlament über die weitere Anwendung von israelischem Recht auf israelische Siedlerinnen und Siedler in den besetzten Palästinensergebieten. Die Acht-Parteien-Koalition war nicht in der Lage, eine Mehrheit für die Abstimmung zu sichern.
Bennett: "Die richtige Entscheidung für Israel"
Bei der landesweit im Fernsehen übertragenen Pressekonferenz sagte Bennett, es handele sich um "die richtige Entscheidung für Israel". Er zählte eine Reihe von Errungenschaften der Regierung auf und versprach einen geordneten Übergang. "Wir haben alles getan, um die Koalition zu bewahren", sagte Bennett.
Lapid dankte Bennett dafür, das Land über seine persönlichen Interessen gestellt zu haben. "Selbst wenn wir in ein paar Monaten in Wahlen gehen, können unsere Herausforderungen als Staat nicht warten", sagte Lapid.
Historische Regierungsbildung
Bennett und Lapid hatten sich im Juni 2021 auf die historische Bildung einer Koalition geeinigt, der Parteien aus allen politischen Lagern angehörten. Zuvor war zwölf Jahre lang Langzeit-Premierminister Netanyahu an der Macht. Bennett und Lapid beschlossen damals ein Rotationsprinzip, demzufolge die beiden sich an der Regierungsspitze abwechseln wollten.
Doch das Regierungsbündnis wackelt schon seit Längerem. In einer Mitteilung Bennetts Büro hieß es , alle "Versuche zur Stabilisierung der Koalition" seien ausgeschöpft worden. Im April hatte die Acht-Parteien-Koalition ihre hauchdünne Mehrheit von 61 der 120 Sitze verloren, weil eine Abgeordnete das Bündnis verlassen hatte.
Wacklige Koalition
Nach Zusammenstößen rund um den Tempelberg in Jerusalem hatte die arabische Raam-Partei mit einem Rückzug aus der Koalition gedroht, sollte die Regierung ihr Vorgehen gegen palästinensische Demonstranten fortsetzen.
Vor einer Woche nun erklärte ein weiteres Mitglied von Bennetts ultrarechter Jamina-Partei seinen Austritt aus der Koalition. Damit wäre Bennetts Koalition in einer Minderheit von 59 zu 61 Sitzen in der Knesset. Die Opposition um Ex-Premierminister Benjamin Netanyahu forderte Bennetts Rücktritt.
Comeback für Netanyahu?
Die Neuwahl könnte nun den Weg für eine Rückkehr Netanyahus ebnen. Seine Likud-Partei könnte Umfragen zufolge wieder stärkste Kraft werden. Wie bei den vorangegangenen Wahlen ist aber unklar, ob es ihm oder jemand anderem gelingen kann, eine stabile, mehrheitsfähige Regierung zu bilden.
Netanyahu teilte mit, die bevorstehende Auflösung der Knesset sei eine gute Nachricht für Millionen Menschen in Israel. Er werde nach der Wahl eine breite nationalistische Regierung unter Führung des Likud bilden.