Botschaft des Wagner-Chefs Prigoschin dementiert Umsturzversuch
Zum ersten Mal seit dem Ende des Wagner-Aufstands hat sich deren Chef Prigoschin zu Wort gemeldet: Er bestreitet, einen Machtwechsel angestrebt zu haben. Sie seien losgegangen, um Protest zu demonstrieren.
Der Chef der russischen Söldnereinheit Wagner, Jewgeni Prigoschin, hat in seiner ersten Wortmeldung nach dem missglückten Aufstand vom Wochenende dementiert, einen Machtwechsel in Moskau angestrebt zu haben. "Wir sind losgegangen, um Protest zu demonstrieren, nicht um die Obrigkeit im Land zu stürzen", sagte der 62-Jährige in einer Sprachnachricht, die von seinem Pressedienst auf Telegram verbreitet wurde. Angaben zu seinem aktuellen Aufenthaltsort machte Prigoschin nicht.
Einmal mehr wiederholte er seinen Vorwurf gegen das russische Verteidigungsministerium, Militärlager der Söldner am vergangenen Freitag beschossen zu haben. Dabei wurden nach seinen Angaben 30 Wagner-Kämpfer getötet. Dies sei zusätzlich zur vom Ministerium angestrebten Auflösung der Wagner-Truppe der Auslöser für den Marsch Richtung Moskau gewesen.
Prigoschin meldet Abschuss von Flugobjekten
Prigoschin, der lange als Vertrauter von Kremlchef Wladimir Putin galt, nach dem Beginn des Aufstands von diesem aber als Verräter bezeichnet wurde, räumte ein, dass es bei dem Vormarsch Tote gegeben hat. "Während unseres Marsches wurde kein einziger Soldat auf dem Boden getötet. Wir bedauern, dass wir gezwungen waren, Flugobjekte abzuschießen - aber das deshalb, weil sie uns bombardiert haben", sagte er.
Nach Berichten russischer Militärblogger wurden bei der Auseinandersetzung sechs Hubschrauber und ein Flugzeug der russischen Armee zerstört und deren Besatzungen getötet. Offiziell hat die russische Führung diese Verluste nicht eingestanden. In seiner Fernsehansprache am späten Montagabend bestätigte Präsident Wladimir Putin aber den Tod von Piloten im Kampf gegen aufständische Wagner-Söldner. Er lobte in seiner Rede den "Mut und die Selbstlosigkeit der heldenhaften Flieger, die im Kampf gefallen" seien.
"Schwerwiegende Sicherheitsprobleme" in Russland
Prigoschin wiederum lobte den Marsch auf Moskau als beispielhaft dafür, wie der von Putin am 24. Februar 2022 befohlene Angriff auf die Ukraine hätte ablaufen sollen. Ein schneller Vormarsch der eigenen Einheiten, die Ausschaltung aller militärischen Objekte des Gegners auf dem Weg - und das praktisch ohne Opfer. Auf eigener Seite seien zwei Soldaten gestorben und mehrere Söldner verletzt worden, sagte Prigoschin.
Der Wagner-Chef sagte in seiner Audiobotschaft weiter, die Militärkolonne seiner Truppe sei 780 Kilometer in Russland vorangekommen und bis rund 200 Kilometer vor Moskau gekommen. Die Söldner hätten "die gesamte Militärinfrastruktur blockiert" einschließlich Luftwaffenstützpunkten entlang der Strecke. "Der Marsch hat schwerwiegende Sicherheitsprobleme in dem Land zum Vorschein gebracht", sagte er. Zugleich versicherte er, Zivilisten in Städten an der Strecke hätten seine Leute unterstützt. "Die Zivilisten kamen uns mit russischen Flaggen und Wagner-Abzeichen entgegen, sie waren glücklich, als wir ankamen und an ihnen vorbeizogen."
Wagner-Chef betont Rolle von Lukaschenko
Die Söldnereinheit Wagner hat bis zuletzt eine bedeutende Rolle in Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine gespielt, insbesondere bei der monatelangen blutigen Erstürmung der ostukrainischen Stadt Bachmut. Dabei sollen Medienberichten zufolge Zehntausende Kämpfer getötet worden sein. Erst Anfang Juni wurde die Schlacht für beendet erklärt, und Prigoschin zog seine Einheiten aus der umkämpften Stadt zurück, um sie im Hinterland wieder aufzufüllen.
Prigoschin betonte die Rolle von Belarus' Machthaber Alexander Lukaschenko bei der Beendigung des Aufstandes. Dieser habe eine friedliche Lösung vermittelt, um ein Blutvergießen in Russland zu verhindern. Nach dem Ende der Revolte sollte Prigoschin laut Angaben aus dem Kreml nach Belarus ausreisen.