Herbert Kickl spricht auf einer Wahlkampfveranstaltung der FPÖ
Porträt

FPÖ-Chef Herbert Kickl Der Provokateur vom rechten Rand

Stand: 29.09.2024 20:13 Uhr

In Österreich polarisiert kaum ein Politiker so wie Herbert Kickl. Der Chef der FPÖ fällt vor allem durch seine provozierende Rhetorik auf. Unter ihm gelang den Rechtspopulisten der Wiederaufstieg nach der Ibiza-Affäre.

Im Gegensatz zu einstigen FPÖ-Größen wie Jörg Haider und Heinz-Christian Strache kann man sich Herbert Kickl kaum im trinkfreudigen und lebensfrohen Kreis einer Partyrunde vorstellen. Der 55-jährige Chef der rechtspopulistischen FPÖ wirkt nicht wie ein Menschenfänger. Sein Charme und Charisma sind überschaubar, zudem gilt er als Einzelgänger.

Trotzdem hat Kickl aus Sicht der FPÖ in den vergangenen Jahren gute Arbeit geleistet. Die Partei war nach der Ibiza-Affäre rund um Ex-Chef Strache 2019 schwer angeschlagen. Der Gewinn der Nationalratswahl ist der bisher größte Erfolg der FPÖ. Damit geht nun die Chance einher, Kickl zum Bundeskanzler zu machen. Beziehungsweise zum "Volkskanzler", womit die Rechtspopulisten während des Wahlkampfes geworben hatten - trotz der Vorwürfe, dass der Begriff unter anderem mit den Nationalsozialisten in Verbindung stünde.

Die Provokation als Stilmittel

Seit 2021 steht der Langstreckenläufer und Kletterer Kickl an der Spitze der Rechtspopulisten. Mit Benutzung des Begriffes "Volkskanzler" blieb sich die FPÖ unter ihm treu: In seinen Reden zeigt sich der Parteichef aggressiv und provozierend, oft mit einprägsamen Sprüchen. Bereits während seiner Zeit als Redenschreiber und Wahlkampfmanager entwickelte er Slogans wie "Daham statt Islam" oder "Mehr Mut für unser Wiener Blut - zu viel Fremdes tut niemanden gut."

Als sich Kickl, der in einer Kärntner Arbeiterfamilie aufwuchs, als junger Mann bei der FPÖ vorstellte, sagte er seinen Biografen Gernot Bauer und Robert Treichler zufolge: "Ich kann zwar nichts, aber ich kann alles lernen." In der Freiheitlichen Akademie, dem politischen Nachwuchszentrum der Rechtspopulisten, sei er anfangs eher eine Art Helfer gewesen, der Flipcharts und Poster aufstellte.

Doch sein Talent fiel auf, er machte Karriere, wurde Redenschreiber des von ihm bewunderten Haider, mit dem in den 1980er-Jahren der Höhenflug der FPÖ begann. Er wurde die rechte Hand von Strache, dessen Aufstieg er ab 2005 als FPÖ-Generalsekretär zwölf Jahre lang begleitete. Lange bevor der damalige US-Präsident Donald Trump "America first" als Losung ausgab, hatte die FPÖ sich mithilfe von Kickl als "soziale Heimatpartei" positioniert, die zuerst auf die Interessen der Österreicher schauen wollte.

Vom Innenminister zum Oppositionellen

In der 2017 gebildeten ÖVP-FPÖ-Regierung wurde Kickl Innenminister unter Kanzler Sebastian Kurz. Für Empörung sorgte er damals unter anderem mit der Forderung einer nächtlichen Ausgangssperre für Asylbewerber. Zudem vertrat er die Ansicht, dass "das Recht der Politik zu folgen hat und nicht die Politik dem Recht". Zudem untergrub eine von ihm initiierte Razzia beim Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) die Reputation des Geheimdienstes.

Nach dem Bruch des Bündnisses nach der Ibiza-Affäre und dem Abstürzen der FPÖ bei der Wahl 2019 agierte Kickl aus der Opposition heraus bald wieder erfolgreich. Seit Jahren wettert er zum Gefallen der FPÖ-Anhänger gegen Migranten, politische Eliten und - wie er sie nennt - "Systemmedien". Wesentliches Element für den Wiederaufstieg der Rechtspopulisten war die Corona-Krise. In der Pandemie wurde die FPÖ zum Sprachrohr der Gegner von Lockdowns und Impfpflicht. Kein gutes Haar ließen die Rechtspopulisten an der Weltgesundheitsorganisation (WHO), der sie eine "Gesundheitsdiktatur" vorwarfen. 

ÖVP sieht Kickl als "Sicherheitsrisiko"

Das Auftreten Kickls, der ohne Abschluss Geschichte und Philosophie studierte, und seine als russlandfreundlich geltenden Ansichten machen ihn selbst für die ÖVP unattraktiv. Die Konservativen bezeichnen ihn als "Sicherheitsrisiko" und lehnen eine Zusammenarbeit mit ihm ab - aber nicht mit der restlichen FPÖ. Kickl habe "sich selbst radikalisiert", schloss der amtierende Kanzler Karl Nehammer vor der Wahl eine Zusammenarbeit mit dem FPÖ-Chef aus.

Zudem müsste Kickl, bevor es überhaupt zu Sondierungsgesprächen über eine mögliche Koalition kommt, von Bundespräsident Alexander Van der Bellen den Auftrag zur Regierungsbildung erhalten. Traditionell erhält diesen der Wahlsieger, doch in der Verfassung festgeschrieben ist das nicht. Und der Präsident äußerte bereits Vorbehalte.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete die tagesschau am 29. September 2024 um 20:00 Uhr.