Europäisches Parlament Iranerin Jina Mahsa Amini erhält posthum Sacharow-Preis
Wegen angeblich falschen Tragens ihres Kopftuchs wurde die Iranerin Jina Mahsa Amini im September 2022 festgenommen - und starb in Polizeigewahrsam. Ihr Tod löste eine massive Protestbewegung aus. Nun wird sie posthum mit dem Sacharow-Preis geehrt.
Das Europäische Parlament zeichnet die kurdische Iranerin Jina Mahsa Amini posthum mit dem Sacharow-Preis aus. "Die brutale Ermordung der 22-jährigen Jina Mahsa Amini war ein Wendepunkt. Sie hat eine frauengeführte Bewegung ausgelöst, die Geschichte schreibt", sagte Parlamentspräsidentin Roberta Metsola in Straßburg.
Der Preis geht ebenfalls an die durch ihren Tod ausgelöste Bewegung "Frauen, Leben, Freiheit". "Diese mutigen Frauen, Männer und jungen Menschen haben die Welt durch ihren Kampf für Gleichheit, Freiheit und Würde inspiriert", schrieb Metsola auf der Plattform X, ehemals Twitter.
Mahsa Amini starb in Polizeigewahrsam
Amini war im September 2022 zu Besuch in Teheran, als sie von der sogenannten Sittenpolizei wegen eines angeblichen Verstoßes gegen die strenge islamische Kleiderordnung festgenommen wurde: Sie soll ihr Kopftuch zu locker getragen haben. Kurze Zeit darauf starb sie in Polizeigewahrsam - nach Angaben ihrer Familie nach Misshandlung durch die Sittenpolizei. Die iranischen Behörden weisen das zurück.
Ihr Tod löste massive Proteste im Iran aus, bei denen die Frauen an vorderster Front standen. Unter dem Motto "Frau, Leben, Freiheit" protestieren sie gegen das Hijab-Gesetz und andere diskriminierende Vorschriften. Vor allem die junge Generation ging über Monate hinweg gegen die repressive Politik der islamischen Führung auf die Straße. Die Staatsmacht ließ die Demonstrationen gewaltsam niederschlagen.
Mehr als 500 Menschen, darunter 71 Minderjährige, wurden damals nach Angaben von Menschenrechtsgruppen getötet. Hunderte Menschen wurden verletzt, Tausende festgenommen. Sieben Männer wurden später im Zusammenhang mit den Demonstrationen hingerichtet. Als Zeichen des stillen Protests ignorieren bis heute viele Frauen die Kopftuchpflicht - in diesem Ausmaß hat es das im Iran zuvor noch nicht gegeben.
Sacharow-Preis für den Kampf von Menschenrechten
Die Nominierung Aminis für die Auszeichnung des EU-Parlaments war von den Gruppen der Christdemokraten, der Sozialdemokraten und der Liberalen unterstützt worden. Eine Zeremonie zu der Preisverleihung ist für den 13. Dezember geplant.
Zu den Finalisten in diesem Jahr gehörten ebenfalls Vilma Núñez de Escorcia und der römisch-katholische Bischof Rolando Álvarez, die die Menschenrechte in Nicaragua verteidigen, sowie drei Frauen aus Polen, El Salvador und den USA, die sich für eine freie, sichere und legale Abtreibung einsetzen.
Der Sacharow-Preis für geistige Freiheit wird seit 35 Jahren an Persönlichkeiten oder Organisationen verliehen, die sich für die Menschenrechte und die Meinungsfreiheit einsetzen. Er ist mit 50.000 Euro dotiert. Benannt ist der Preis nach dem 1989 verstorbenen sowjetischen Atomphysiker, Menschenrechtler und Friedensnobelpreisträger Andrej Sacharow.