Koalitionsbildung Wer wird Regierungschef in den Niederlanden?
Nach zähen Verhandlungen bekommen die Niederlande eine rechtsgerichtete Regierung. Die neue Koalition hat sich auf eine strenge Asylpolitik und Kürzungen beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk geeinigt. Doch eine Frage bleibt.
Am längsten hat die konservativ-liberale VVD des scheidenden Ministerpräsidenten Mark Rutte mit sich gerungen. Erst um kurz vor Mitternacht trat dessen Nachfolgerin, Dilan Yeşilgöz, vor die Presse, um zu verkünden, dass auch die VVD-Fraktion einstimmig für das Koalitionspapier gestimmt habe.
Die Handschrift ihrer Partei sei darin durchaus erkennbar, so Yeşilgöz. "Wir haben starke Maßnahmen beschlossen, um die Zuwanderung einzudämmen." Menschen mit mittleren Einkommen und Unternehmer sollen demnach entlastet werden. Zudem werde nun stärker in Sicherheit und Klimaschutz investiert. Es gebe aber auch Punkte, über die nicht jeder glücklich sei. "Ich bin froh, dass meine Fraktion einstimmig für das Papier gestimmt hat", erklärte die Politikerin.
Wilders zeigt sich kompromissbereit
Zuvor hatten bereits die Fraktionen der anderen drei Koalitionspartner grünes Licht für die neue niederländische Rechtsregierung gegeben. Damit es überhaupt dazu kommen konnte, gab sich Hollands Rechtsaußen Geert Wilders während der 176 Verhandlungstage gemäßigt und kompromissbereit.
Kein Wort mehr über ein Koran-Verbot, die Schließung von Moscheen oder einen niederländischen EU-Austritt. Sogar auf das Amt des Ministerpräsidenten hatte der Wahlsieger verzichtet, um ein rechtes Kabinett möglich zu machen.
Wirklich zufrieden wirkte Wilders zwar nicht, aber zum ersten Mal wird er mit seiner Partei Regierungsverantwortung übernehmen. Die Fraktion sei sehr begeistert, sagte Wilders. "Wir werden noch über ein paar Punkte reden, aber die Fraktion ist einstimmig zufrieden mit dieser Vereinbarung."
Geert Wilders gab sich während der Verhandlungen gemäßigt und kompromissbereit.
Im Parlament sollen auch Experten sitzen
Die vier Verhandlungspartner verständigten sich knapp sechs Monate nach der Wahl auf eine außerparlamentarische Regierung, also auf ein Kabinett, in dem nicht nur Vertreter der Koalition sitzen, sondern auch Politiker anderer Parteien oder parteilose Experten, die ihr Know-How einbringen sollen.
Dies war schon zu Beginn der Gespräche eine zentrale Forderung des früheren Christdemokraten Pieter Omtzigt, der mit dem NSC, dem Neuen Sozialvertrag, kurz vor der Wahl eine neue Partei gegründet hatte. Zwischen Omtzigt und Wilders hat die Chemie von Anfang an nicht gestimmt. Doch das Land brauche eine neue Regierung, sagte der NSC-Vorsitzende am späten Abend.
Seine Fraktion habe einstimmig der vorliegenden Vereinbarung über die politische Zusammenarbeit zugestimmt, erklärte der Politiker. "In zwei, drei Punkten müssen wir noch mal schauen, wie das genau formuliert wird, aber dann wird alles gut."
Alle Personalfragen bislang noch offen
Die neue Regierung will Kinderarmut bekämpfen, die Eigenleistungen für die Krankenversicherung reduzieren und den Etat für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk um 100 Millionen Euro kürzen. Außerdem soll das tagsüber geltende Tempolimit auf Autobahnen von 100 Kilometer pro Stunde wieder auf 130 erhöht werden.
Offen sind bislang noch alle Personalfragen, also welche Minister und Ministerinnen im Experten-Kabinett Platz nehmen und wer der neue Ministerpräsident und damit Nachfolger des Langzeit-Premiers Rutte wird.
Wilders soll laut Medienberichten den früheren Innenminister Ronald Plasterk favorisieren - einen Sozialdemokraten, der sich durch seine konservativen Positionen aber längst von der Arbeitspartei distanziert hat. Die Verhandlungsführer wollen diese Personalie weder bestätigen noch dementieren. Über das Amt des Ministerpräsidenten, so Wilders, solle zu einem späteren Zeitpunkt entschieden werden.