Sturmtief "Hans" Staudamm in Norwegen teilweise gebrochen
In Norwegen hat ein Staudamm infolge starker Regenfälle nachgegeben. Die Polizei hofft nun auf eine gleichmäßige Verteilung des Wassers. Hunderte Menschen in der Gegend waren vorab evakuiert worden.
Nach tagelangen massiven Regenfällen ist im Süden Norwegens ein Staudamm teilweise gebrochen. Die Behörden hatten zuvor seine partielle Sprengung erwogen, um so eine Überschwemmung von Ortschaften flussabwärts zu vermeiden. Der Plan sei aber aufgegeben worden, als Wasser durch eine Lücke in der Betonmauer des Damms ausgetreten sei, sagte Polizeisprecher Fredrik Thomson.
Norwegens längster Fluss Glomma wird am Wasserkraftwerk Braskereidfoss aufgestaut. Das Kraftwerk steht unter Wasser und ist nicht mehr in Betrieb. Riesige Mengen Wasser strömten über den westlichen Teil der Betonmauer, sagte Thomson. "Wir hoffen, dass wir eine gleichmäßige Verteilung bekommen", erklärte er. Die Lage werde kontinuierlich beobachtet.
Die Verteilung des Wassers scheine gut zu laufen, sagte Per Storm-Mathisen, ein Sprecher des Kraftwerkbetreibers Hafslund Eco, der norwegischen Nachrichtenagentur NTB. Ablässe in dem Kraftwerk hätten sich eigentlich automatisch öffnen sollen, sobald sich zu viel Wasser anstaut, sagte Alexandra Bech Gjorv von der Unternehmensführung. Warum das nicht funktionierte, sei nicht bekannt.
Frau stirbt in Krankenhaus
Das austretende Wasser zerstörte eine Straße und Zäune auf der Dammkrone. In Gemeinden nahe dem Fluss leben mindestens 1.000 Menschen. Alle wurden nach Behördenangaben evakuiert, bevor der Damm nachgab. Auch andernorts in Südnorwegen mussten Hunderte Einwohner ihre Häuser verlassen. Nördlich von Oslo seien mehr als 600 Menschen evakuiert worden, teilte die Polizei mit. Tausende seien ohne Strom. "Die Situation ist immer noch unklar und chaotisch", hieß es.
Eine ältere Norwegerin kam am Morgen ums Leben, sie war tags zuvor in einen Fluss gefallen. Zwar schaffte sie es nach Polizeiangaben wieder ans Ufer, konnte wegen der Überschwemmungen aber erst nach mehreren Stunden in ein Krankenhaus gebracht werden. Dort starb sie.
Die Wasserschutzbehörde erhöhte die Erdrutschwarnstufe von orange auf rot und warnte zudem vor Überschwemmungen. Der Wetterdienst sagte weitere, äußerst heftige Regenfälle voraus und löste die höchste Warnstufe aus. Die Lage sei sehr ernst und könne weitreichende Folgen und Schäden nach sich ziehen, warnte er. Im Einzugsgebiet des Flusses Drammenselva westlich von Oslo hätten die Pegelstände an einigen Stellen Rekordhöhen erreicht. Alle großen Fernstraßen zwischen Oslo und der drittgrößten Stadt Trondheim waren gesperrt.
"Krisensituation nationalen Ausmaßes"
In Innlandet, einer der am schlimmsten betroffenen Regionen, waren laut Polizei viele Menschen von der Außenwelt abgeschnitten, weil mehr als Hundert Straßen durch Erdrutsche und Überschwemmungen blockiert waren. Regionalbürgermeister Aud Hove sprach in diesem Zusammenhang von einer "Krisensituation nationalen Ausmaßes". Denn die Rettungsdienste seien vielerorts "nicht in der Lage", zu denjenigen durchzudringen, die Hilfe benötigten.
Auch die Ministerin für Justiz und öffentliche Sicherheit, Emilie Enger Mehl, erklärte, die Situation sei "in weiten Teilen des Landes sehr schwierig". Ihr Ministerium habe daher sieben zusätzliche Hubschrauber zur Unterstützung der Rettungsdienste zur Verfügung gestellt. Der norwegische Ministerpräsident Jonas Gahr Store besuchte das betroffene Gebiet im Süden des Landes. "Wenn der Regen aufhört, kommt die nächste Herausforderung: Das Wasser muss raus", sagte er.
Weitere Wolkenbrüche erwartet
Der Sturm "Hans" hat in den vergangenen Tagen mit schweren Regenfällen Skandinavien und die baltischen Staaten heimgesucht. Im schwedischen Göteborg standen große Teile des Hafengeländes unter Wasser. In Schweden gab das Meteorologische Institut Warnstufe Rot für die Westküste aus. Für Südnorwegen und Schweden sagten Meteorologen weitere Wolkenbrüche voraus. An Flüssen sei mit extremem Hochwasser zu rechnen.
Derart lang und heftig regne es im Sommer selten, sagte Erik Höjgård-Olsen vom Schwedischen Meteorologischen und Hydrologischen Institut der Zeitung "Aftonbladet". Es sei außergewöhnlich, dass ein Tiefdruckgebiet wie "Hans" mehrere Tage hintereinander so viel Regen bringe.