Polens Regierung im Wahlkampf Feindbild Deutschland
Die polnische Regierungspartei setzt im Wahlkampf auf eine dezidiert antideutsche Kampagne. EU und Opposition werden als Agenten Deutschlands dargestellt - das Polen unterdrücken und ausbeuten will.
Es ist ein bezeichnender Wahlwerbespot der polnischen Regierungspartei PiS: Parteichef Jaroslaw Kaczynski bekommt einen Anruf - aus der deutschen Botschaft in Warschau.
Eine Stimme mit starkem deutschem Akzent sagt, der Kanzler würde gern mit Kaczynski über das Rentenalter in Polen sprechen. Das solle bitte wieder so hoch sein wie unter Donald Tusk, dem früheren polnischen Premierminister. Kaczynski antwortet: "Darüber entscheiden die Polen in einem Referendum. Tusk gibt es nicht mehr, diese Zustände sind vorbei" - und legt mit entschlossener Mine auf.
Der Spot zeichnet ein Bild, das die PiS gern von sich verbreitet: als Verteidigerin polnischer Interessen gegenüber ausländischen Mächten, vor allem Deutschland. Und diese Interessen, so die Botschaft, gelte es zu verteidigen - mit einem Kreuz bei der richtigen Partei.
Geflüchtete, Homosexuelle, Deutschland
Am Sonntag wird in Polen ein neues Parlament gewählt, und die amtierende PiS steht gehörig unter Druck. Zwar ist sie laut Umfragen mit 32 Prozentpunkten nach wie vor stärkste politische Kraft. Doch die Umfragen sind rund zehn Prozentpunkte schlechter als vor vier Jahren, wo die PiS mit gut 43 Prozent die Wahl gewann.
Die PiS braucht äußere Feinde, um sich als Schutzmacht zu inszenieren. Bei der Wahl 2015 schürte sie Ängste vor Geflüchteten, 2019 vor Homosexuellen. Jetzt mobilisiert sie mit der Angst vor Deutschland - dem Nachbar, der Polen mehrfach überfallen, geteilt und grausam besetzt hat. Im Werbespot spitzt sie die Wahlentscheidung so zu:
Polen oder Deutschland: Du hast die Wahl.
Oppositionskandidat "Agent Deutschlands"
Auch die Europäische Union wird von der PiS als verlängerter Arm Berlins dargestellt, schließlich hätten die Deutschen den größten Einfluss in Brüssel. Und der Spitzenkandidat der Opposition, Donald Tusk, ehemals Präsident des Europäischen Rates, wird von der PiS wegen seiner pro-europäischen Haltung als Agent deutscher Interessen diffamiert.
Als Beleg führt die PiS ein Grußwort an, das Tusk 2021 für die CDU aufgezeichnet hat, auf Deutsch. Darin sagt er: "Eure Art zu regieren war ein Segen, nicht nur für Deutschland, sondern für ganz Europa."
"Für Deutschland" - diese Worte werden Tusk im regierungsnahen Fernsehen seitdem ständig vorgehalten, immer verbunden mit der Unterstellung: Ihm und der Opposition gehe es nicht um Polen. In Wirklichkeit dienten sie stattdessen Deutschland, dem Land, mit dem Polen eine schwierige Geschichte verbindet.
Rhetorik hat weitreichende Folgen
Die antideutschen Ressentiments, die die PiS im Wahlkampf nutzt, verfolgten ein klares Ziel, sagt Agnieszka Lada-Konefal vom Deutschen Polen-Institut Darmstadt. Sie sollen vor allem die Polen mobilisieren, die deutschlandkritisch eingestellt sind. Für diese brauche man "so einen Wortschatz".
"Die Gruppe ist generell nicht groß, aber für die PiS sehr relevant", erklärt Lada-Konefal. Es seien Stammwähler oder jene Wähler, die aus Überzeugung PiS oder die rechts-außen-Partei Konferedacja wählen wollen - und um diese Gruppe kämpfe die PiS sehr stark. "Die anderen Gruppen bedient die PiS mit Sozialversprechen, Familienleistungen."
Diese antideutsche Rhetorik habe weitreichende Folgen, so die Wissenschaftlerin. Umfragen für das deutsch-polnische Meinungsbarometer belegen, dass das Deutschlandbild der Polen nicht mehr so gut sei, wie noch vor zehn bis fünfzehn Jahren. Dieser Schaden dürfte auch nach der Parlamentswahl am 15. Oktober weiter bestehen.