Rundfunk-Streit in Polen PiS-Blockade und eine neue Sendung
Am Mittwoch hatte Polens neue Regierung die Führungsriegen der öffentlich-rechtlichen Medien ausgetauscht. Die abgewählte PiS protestiert - und blockierte dem neuen Chef der Nachrichtenagentur PAP den Zugang zu seinem Büro.
In Polen geht der Konflikt zwischen den politischen Lagern um die öffentlich-rechtlichen Medien weiter. Etwa ein Dutzend Abgeordnete der abgewählten nationalkonservativen Regierungspartei PiS verbrachten die Nacht von Donnerstag auf Freitag im Gebäude der Nachrichtenagentur PAP, wie der private Fernsehsender TVN24 berichtete. Demnach wurde der neue Leiter Marek Blonski am Betreten seines Büros gehindert.
Der neue Chef der PAP, Marek Blonski (rechts), im Gebäude der Nachrichtenagentur.
Neue Nachrichtensendung erstmals ausgestrahlt
Die neue pro-europäische Regierung von Donald Tusk hatte am Mittwoch erste Schritte unternommen, um die Kontrolle der PiS über die öffentlich-rechtlichen Medien zu beenden. Kulturminister Bartlomiej Sienkiewicz feuerte mit einem Schlag die gesamte Führung der Öffentlich-Rechtlichen. Dies betraf die Vorstandschefs und die Aufsichtsräte des Fernsehsenders TVP, des polnischen Radios sowie der Nachrichtenagentur PAP.
Am Donnerstag wurde die erste Hauptnachrichtensendung nach dem Rauswurf der Leitung des Kanals TVP1 ausgestrahlt. Experten und Sendervertreter erklärten zu Beginn, weshalb die Programme unter der nationalkonservativen Regierung gegen die Grundsätze der Sachlichkeit und Fairness verstoßen haben und warum die Regierung die Spitze des Senders so schnell ausgetauscht habe. Selbst der Name der Sendung wurde geändert, von "Nachrichten" auf "19.30".
Die Regierung Tusk wirft den Medien vor, sie hätten in den vergangenen acht Jahren unter der PiS-Regierung Parteipropaganda verbreitet. Auch internationale Organisationen hatten die einseitige Berichterstattung der öffentlich-rechtlichen Medien in Polen kritisiert.
Menschenrechtler sehen rechtliche Zweifel
"Die bisherige Arbeitsweise des polnischen Fernsehens, des polnischen Rundfunks und der Presseagentur PAP widerspricht in eklatanter Weise dem, was öffentliche Medien in einem demokratischen Rechtsstaat sein sollten", hieß es in einem nun veröffentlichten Statement der Helsinki-Stiftung für Menschenrechte. Die öffentlich-rechtlichen Sender seien unter der PiS zu Propagandaorganen geworden und hätten sich etwa an homophoben Hetzkampagnen beteiligt.
Jedoch gebe es verfassungsrechtliche Zweifel, ob ein Mitglied der Regierung die Entscheidung über die personelle Besetzung der Verwaltungsorgane der öffentlich-rechtlichen Medien treffen dürfe, so die Menschenrechtler. Bei der Wahl am 15. Oktober hatte ein von Tusk geführtes Dreierbündnis der früheren Opposition die Regierungsmehrheit errungen. Die seit 2015 regierende PiS verlor die Macht.