Nach Parlamentswahl Portugal vor schwieriger Regierungsbildung
Bei der Parlamentswahl in Portugal haben die Konservativen die regierenden Sozialisten als stärkste Kraft abgelöst. Doch für eine absolute Mehrheit reicht es nicht. Kommt jetzt eine Minderheitsregierung?
In Portugal zeichnet sich nach dem knappen Sieg des konservativen Parteienbündnisses Demokratische Allianz (AD) bei der Parlamentswahl eine schwierige Regierungsbildung ab. Der Chef des Bündnisses und Vorsitzende der Sozialdemokratischen Partei, Luis Montenegro, kündigte noch am Wahlabend an, er rechne damit, dass Präsident Marcelo Rebelo de Sousa ihm den Auftrag zur Bildung des künftigen Kabinetts erteilen werde.
Die AD holte den offiziellen Ergebnissen zufolge 29,49 Prozent der Stimmen und stellt künftig 79 von 230 Abgeordneten im Parlament. Die seit 2015 regierenden Sozialisten (PS) kamen auf 28,66 Prozent und 77 Sitze. Die rechtspopulistische Partei Chega ("Es reicht") konnte ihren Stimmenanteil im Vergleich zur Wahl vor zwei Jahren mit 18,06 Prozent mehr als verdoppeln und kam auf 48 Sitze im künftigen Parlament. Sie markierte damit einen Rechtsruck, der auch in anderen EU-Ländern zu beobachten ist.
Bei der Auszählung fehlte noch die Stimmenauswertung der im Ausland lebenden Portugiesen, denen vier Sitze zugeteilt sind. Diese Ergebnisse werden für die kommenden Tage erwartet.
Portugal vor möglicher Minderheitsregierung
Portugal könnte nun auf eine Minderheitsregierung zusteuern. Die AD ist auf Partner im Parlament angewiesen, da sie keine Regierungsmehrheit hat. AD-Chef Montenegro forderte die abgewählten Sozialisten und die erstarkte Chega indirekt zur Unterstützung auf, indem er an sie appellierte, keine destruktive Allianz zur Verhinderung einer neuen Regierung einzugehen.
Eine Minderheitsregierung mit weniger als 116 Sitzen hinge bei der Verabschiedung von Gesetzen von der Gunst von Oppositionsparteien ab. Der Wahlausgang hat die erst seit fünf Jahren bestehende Chega in die Position eines Königsmachers gebracht, der den Sozialdemokraten zu einer parlamentarischen Mehrheit verhelfen könnte.
Große Koalition gilt als ausgeschlossen
Eine große Koalition gilt in Portugal als ausgeschlossen: Die beiden Hauptparteien trennen faktisch unüberwindbare Differenzen. Nicht wenige Beobachter gehen vor diesem Hintergrund von möglichen Neuwahlen aus. Eine Regierungsbeteiligung der Rechtspopulisten hatten die Großparteien vor der Wahl ausgeschlossen.
Für die PS, die 2022 noch auf 41 Prozent der Stimmen gekommen war, ist der Wahlausgang ein politisches Desaster. Bisher hielten die Sozialisten aufgrund des komplizierten Systems zur Verteilung der Mandate 120 der 230 Sitze im Parlament.