Vorfall in Karpaten Bär tötet junge Touristin in Rumänien
In den Karpaten leben etwa 8.000 Braunbären. Die Angst vor ihnen nimmt zu - nun befeuert der Tod einer 19-Jährigen die Debatte um den Umgang mit den Tieren. Selbst in Bayern sorgt man sich inzwischen.
Ein Vorfall in den Südkarpaten heizt die Debatte um den Umgang mit Bären in Rumänien weiter an. Eine junge Frau war am Dienstagabend beim Wandern bei einem Bärenangriff ums Leben gekommen. Die 19 Jahre alte Touristin machte einen Ausflug im Bucegi-Massiv, als plötzlich ein Bär auftauchte und die junge Frau wegzerrte.
"Ich habe versucht, den Bären zu erschrecken, aber dann passierte das Unglück. Ich wünschte, ich wäre das Opfer gewesen", sagte der Freund des Opfers dem rumänischen Sender ProTV. Er sagte der Staatsanwaltschaft, das Tier habe die 19-Jährige am Bein gepackt und außer Sichtweite geschleift. Er habe sofort den Notruf gewählt.
Nicht der erste Todesfall in Rumänien
Weniger als eine Stunde später fanden die Bergretter und Polizisten die Leiche der jungen Frau in einer 100 Meter tiefen Schlucht, mit Bissspuren am Bein und am Rücken. "Der Bär war ganz in der Nähe des Opfers, wir haben versucht, uns zu nähern, er hat es aber nicht zugelassen", sagte der Bergretter Sergiu Frusinoiu nach dem Vorfall. Deshalb habe man das Tier erschossen.
Es war nicht der erste Todesfall dieser Art in Rumänien. In den Karpaten leben nach Schätzung der Regierung etwa 8.000 Braunbären, die nach Russland größte Bärenpopulation in Europa. Immer wieder greifen sie Wanderer, Hirten und Bauern an, dringen in Bauernhöfe ein und durchwühlen in Städten Mülltonnen nach Nahrung.
Gefahr durch Gewöhnung an Menschen
Unumstritten unter Experten ist es, dass Bären sich unterschiedlich verhalten, je nachdem, wie sehr sie an Menschen gewöhnt sind. In dünn besiedelten Gebieten suchen sie das Weite, wenn sie Menschen auch nur riechen. In stark von Touristen überlaufenen Gebieten wie den Südkarpaten zeigen sie hingegen keine Scheu. Schon seit Jahrzehnten kommen Bärenmütter mit ihren Jungen in die Südkarpaten-Stadt Brasov zur Futtersuche in Mülltonnen.
Die Jungbären lernen dieses Verhalten von den Müttern und geben es an die nächste Generation weiter. Außerdem scheint es den Bären in den Karpaten zu eng zu werden. Im März dieses Jahres wurde sogar in der südrumänischen Tiefebene, in der Stadt Ploiesti, ein Bär gesichtet. Das war nur 60 Kilometer nördlich der Hauptstadt Bukarest.
Ein Braunbär in den Karpaten: Nach Schätzung der Regierung lebt hier die nach Russland größte Bärenpopulation Europas.
Rumänien will härter gegen Bären vorgehen
In Rumänien steht der Braunbär unter Artenschutz, darf aber in begrenztem Umfang gejagt werden. Nachweislich aggressive Bären dürfen getötet werden. Zudem gibt es eine jährlich erlaubte Abschusszahl.
Nach dem jüngsten Todesfall fordert Rumäniens Umweltminister Mircea Fechet eine Erhöhung dieser Zahl. Er habe als Minister eine jährliche Abschusszahl von 500 Tieren geplant, nach Gesprächen mit anderen Institutionen sei diese Zahl jedoch auf 220 gesenkt worden.
Unter anderem werden immer wieder aggressive Bären von den Behörden in andere Regionen Rumäniens gebracht. Doch diese Methode bringe nichts, sagte Minister Fechet dem Sender Antena3 CNN. Sie führe nur dazu, "dass wir das Problem von einem Landkreis in den anderen verschieben". Er verlangte eine Gesetzesänderung, die es erlaube, jeden Bären zu töten, der sich menschlichen Siedlungen nähere.
Bayrische Landrätin fordert Bärenpolizei
Die Angst vor Bären geht auch in Gegenden um, wo es diese Tiere kaum noch gibt, etwa in Bayern. Dort fordert die Oberallgäuer Landrätin Indra Baier-Müller eine Art Bärenpolizei. Die Kommunalpolitikerin der Freien Wähler hatte in einem Schreiben an ihren Parteifreund, Bayerns Umweltminister Thorsten Glauber, die Gründung einer bewaffneten bayerischen Braunbärenbereitschaft verlangt. Die Einheit sollte für die Vergrämung und Tötung von Bären zuständig und jederzeit einsatzbereit sein, schlug die Landrätin vor.
Baier-Müller hatte vor einem Jahr nach einer Reihe von Bärennachweisen in Südbayern eine Initiative Braunbär gegründet, um die Verantwortlichen in den alpennahen Regionen Bayerns zu vernetzen. Das Umweltministerium in München reagierte zurückhaltend auf den Vorschlag. "Es gibt derzeit keinen Nachweis für einen Bären in Bayern", sagte ein Sprecher des Ministeriums. Wichtig sei, "dass bereits aufgrund der bestehenden Rechtslage im Ernstfall sehr schnell reagiert werden kann." Allerdings kämen "im Ernstfall alle Maßnahmen in Betracht. Das schließt auch den Abschuss ein."
Gesichtete Braunbären kommen wohl aus Norditalien
Die zuletzt in Bayern gesichteten Braunbären wandern vermutlich von Norditalien kommend über Österreich zeitweilig auch in den Freistaat. In der italienischen Provinz Trentino gibt es nach einem Wiederansiedlungsprojekt inzwischen wieder etwa 100 Braunbären. In Italien ist es seit März in der Region Trentino per Gesetz erlaubt, jedes Jahr bis zu acht Bären abzuschießen, wenn diese gefährlich geworden sind. Tierschützer sind empört. Zuvor gab es beim Abschuss der Tiere hohe bürokratische Hürden.
Angst vor Bären in Deutschland kam im Jahr 2006 auf, als ein Jäger im Ammergebirge bei Garmisch-Partenkirchen etwas fand, was auf einen Bären hindeutete: drei gerissene Schafe. Das danach als "Problembär Bruno" bezeichnete Tier wurde schließlich trotz Protesten der Tierschützer auf Anweisung des bayerischen Umweltministeriums erschossen, obwohl es keinen Menschen angegriffen hatte. Heute steht Bruno ausgestopft im Münchner Museum Mensch und Natur.