Münchner Sicherheitskonferenz China präsentiert sich als Friedensmacht - was ist dran?
Der chinesische Außenminister hat sein Land auf der Münchner Sicherheitskonferenz als Friedensmacht dargestellt: Wenn China und die USA zusammenarbeiteten, könne Großes gelingen. Was steckt dahinter?
Am Rande der Sicherheitskonferenz führte Chinas Außenminister Wang Yi hinter verschlossenen Türen Gespräche mit seinem US-Amtskollegen Antony Blinken und auch mit Bundesaußenministerin Annalena Baerbock. Auf offener Bühne präsentierte Wang sein Land als friedliebend:
Wir haben unsere Verpflichtung eingehalten und deutlich gemacht, dass China keine Nuklearwaffen einsetzen wird gegen Staaten, die selber keine haben, und keinen Erstschlag dieser Art ausführen würde, gegen kein Land, auch nicht gegen die Ukraine. Präsident Xi hat deutlich gemacht, dass ein Nuklearkrieg nicht ausbrechen darf und Nuklearwaffen nicht genutzt werden dürfen.
In Brüssel nimmt die EU-Kommission diese Position sehr ernst. Hinter andere Zusicherungen chinesischer Neutralität setzen europäische Politiker dagegen ein dickes Fragezeichen. So betonte Wang, China wolle im Ukraine-Konflikt den Weg für eine Vermittlungslösung ebnen und setze sich für Frieden ein.
Enge Beziehung zu Russland
Im vergangenen Jahr hatte Wang Schlagzeilen gemacht, als er bei der Sicherheitskonferenz ein Positionspapier zum Ukraine-Konflikt ankündigte, das viele als Friedensplan werteten. Eine vorschnelle Hoffnung, wie sich in den Monaten nach der Konferenz zeigte. Zwar sprachen die Präsidenten Wolodymyr Selenskyj und Xi Jinping miteinander, aber konkrete Schritte zum Frieden folgten nicht. Vielmehr bekräftigte Xi immer wieder seine enge Beziehung zu Putin.
Diese gehe sehr weit, sagt der außenpolitische Obmann der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Roderich Kiesewetter:
Uns sollte bewusst sein, dass China in enger Allianz mit Russland, Iran und Nordkorea ist. Das ist ein System der Lastenteilung, wo China nach außen eher den Beschwichtiger macht, nach innen aber Russland mit allen notwendigen Halbleitern und Chips versorgt - und zugleich profitiert von russischen Bodenschätzen. Nordkorea unterstützt beim Shipping von Munition nach Russland.
Hinzu kommt, dass die Volksrepublik seit Jahren massiv aufrüstet - und das auch technologisch. Wie weit sie etwa mit dem militärischen Einsatz Künstlicher Intelligenz ist, sei unklar, sagt Kiesewetter. Ihn besorgt die chinesische Marine.
Nichts zu sehen von einer Zusammenarbeit
Genauso geht es Anton Hofreiter von den Grünen: "Wenn man sich anschaut, mit welcher Geschwindigkeit die chinesische Marine aufrüstet, auch was die Anzahl von Anti-Schiffs-Raketen angeht, dann wird das nur wenige Jahre dauern, bis die Situation nochmal deutlich problematischer ist."
Schon jetzt ist das rohstoffreiche südchinesische Meer Schauplatz von Machtdemonstrationen: Peking reklamiert dort nach und nach Raum für sich, amerikanische und chinesische Kriegsschiffe kommen sich bedrohlich nahe. Von einer Zusammenarbeit der beiden rivalisierenden Großmächte, wie Wang sie in München propagierte, ist bislang nichts zu sehen.
Kann es in Taiwan so kommen wie in der Ukraine?
Hinzu kommt Taiwan - die Volksrepublik will sich die demokratisch regierte Insel vor ihrer Küste im Extremfall mit Gewalt einverleiben. In München wiederholte Wang Yi, was in Peking seit Jahrzehnten Staatsräson ist: Taiwan sei Teil der Volksrepublik und müsse deshalb "friedlich wiedervereinigt werden", weil die Volksrepublik international von den meisten Staaten und den UN als alleiniger Vertreter Chinas anerkannt ist.
Dieser Anspruch auf alleinige Vertretung ist zwar Tatsache. Aber als im Zweiten Weltkrieg die damals von den Japanern besetzte Insel China zugesprochen wurde, existierte die kommunistische Volksrepublik noch gar nicht. Der heutige Status ist kompliziert: Das demokratisch und eigenständig regierte Taiwan hat sich offiziell nie unabhängig erklärt - denn dies wäre für Peking ein Kriegsgrund.
In diesem Kontext sieht NATO-Generalsekretär Stoltenberg den Krieg in der Ukraine:
Natürlich, wenn Putin gewinnt, dann ist das auch eine Botschaft an Präsident Xi: Wenn er militärische Gewalt anwendet, dann kriegt er, was er will. Was heute in der Ukraine passiert, kann morgen in Taiwan passieren. Auch deshalb haben wir ein Interesse daran, dass Putin nicht gewinnt. Es geht auch darum, was China mitnehmen würde, wenn er gewinnt.
Wie wahrscheinlich ist ein Krieg um Taiwan? Professor Carlo Masala von der Bundeswehr-Universität München ist überzeugt, dass dies vom westlichen Zusammenhalt abhängt: "Solange die Chinesen glauben, dass sich die Amerikaner aktiv in einen Konflikt um Taiwan einmischen würden, werden die Chinesen in den nächsten Jahren meiner Meinung nach keinen Angriff versuchen. Sollte es irgendwelche Zweifel geben, steigt die Wahrscheinlichkeit exponentiell."